3. Juli 2015, 08:00
15 Jahre Bell Equipment Deutschland
Die Bell Equipment (Deutschland) GmbH wurde im Jahr 2000 als dritte europäische Niederlassung des südafrikanischen Muldenkipper-Herstellers Bell Equipment gegründet. Im weiteren Ausbau der Bell-Aktivitäten wandelte sich das Unternehmen von einer reinen Vertriebsorganisation zum zentralen Bestandteil der internationalen Produktions- und Logistikkette mit heute knapp 100 Mitarbeitern an zwei deutschen Standorten. Ende Juni informierte Bell Deutschland in Eisenach über seine heutige Organisation, allgemeine Marktaussichten, aktuelle Initiativen sowie neue Fahrzeuglinien.
Mit den Aufgaben wachsen
Seit Mitte der Neunziger Jahre engagiert sich der 1954 gegründete Baumaschinen-Hersteller Bell Equipment in Europa. Im Fokus dabei die eigene Knicklenker-Technologie, die bereits 1984 mit dem ersten Bell-Dumper konventioneller Bauart debütierte und vom Start weg dank robuster Bergbau-Auslegung und der Verwendung von Aggregaten und Komponenten renommierter Zulieferer international konkurrenzfähig war. Ab 2000 war Deutschland der dritte wichtige europäische Markt, auf dem Bell Flagge zeigte und von wo aus man wie bereits zuvor aus Frankreich (1995) und Großbritannien (1999) auch angrenzende Regionen bearbeitete.
Heute zählt Vertriebsgeschäftsführer Andreas Heinrich insgesamt 17 Staaten in Nord-, Mittel- und Osteuropa, für die Bell Deutschland via nationaler Händler und Servicepartner zuständig zeichnet. Am deutschen Markt betreut Bell ein flächendeckendes Vertriebs- und Servicenetz aus neun unabhängigen Regionalhändlern, vier festen Servicepartnern sowie eigenem Verkauf und Kundendienst im überregionalen Direktvertriebsgebiet. „Unser Geschäft ist geprägt von langfristigen Partnerschaften mit professionellen Vertriebs- und Serviceteams, die voll hinter unserer Muldenkipper-Technologie stehen. Gerade in schwierigen Konjunkturphasen haben wir zudem von der großen Marktdurchdringung und kundenorientierten Beratungskompetenz unserer Händler profitiert,“ erklärt Andreas Heinrich.
Dabei war der deutsche Muldenkippermarkt in den vergangenen Jahren teilweise dramatischen Schwankungen unterworfen: Lag der Maschinenabsatz nach der Jahrtausendwende beständig bei insgesamt 300 – 400 Maschinen pro Jahr, brach der Dumpermarkt 2009 mit einem Rückgang von annähernd 90 % regelrecht ein, um sich seit 2013 bei 200 – 250 Neumaschinen/Jahr zu stabilisieren. Neben dieser Abkühlung, die insbesondere ausgelaufener Großinvestitionen im Bereich öffentlicher Infrastruktur geschuldet ist, machen sich für Knicklenker im klassischen Erdbau auch weitere Entwicklungen bemerkbar. Weniger anspruchsvolle Einsatzprofile auf den Baustellen favorisieren alternative Verfahren wie Großschlepper/Anhänger-Kombination oder schwere Allrad-LKW oder sorgen grundsätzlich für eine geringere Auslastung der für schweres Gelände prädestinierten 6x6-Mulden: „Lag die durchschnittliche Jahresauslastung eines Kundenfahrzeugs vor 10 Jahre noch bei 1500 Betriebsstunden, erreichen viele Maschinen heute gerade noch 1250 Bh/Jahr, was sich natürlich auf Ertrag und Investitionsverhalten niederschlägt,“ erklärt Andreas Heinrich.
Darauf reagiert Bell Deutschland seit Ende 2011 mit seiner eigenen Mietflotte als Ergänzung zu den bestehenden Angeboten seiner Regionalpartner. „Wir konzentrieren uns auf mittel- bis langfristige Projekte mit überdurchschnittlichen Anforderungsprofilen. Den entsprechenden Ansprüchen an die Maschinenausstattung begegnen wir mit top gewarteten Maschinen der Bell-Typenreihen B30E/B40D/B50D sowie mit eingehender Projektberatung und Feldbetreuung durch eigene Experten.“ Etwa 20 Maschinen umfasst derzeit der Fuhrpark, der meist binnen Jahresfrist „runderneuert“ wird. „Wir halten so unsere Technik hochaktuell und generieren gleichzeitig ‚junge Gebrauchtmaschinen‘, die derzeit intensiv nachgefragt werden,“ erläutert Andreas Heinrich das erfolgreiche Mietprogramm, das auch durch die Auslastung der eigenen Kundendienst-Kapazitäten zum wichtigen Bestandteil im deutschen Bell-Geschäft wurde.
Wie wichtig angesichts schwankender Märkte ein erfolgreicher Aftersale-Bereich ist, zeigt auch das Beispiel des in die Bell Equipment (Deutschland) GmbH integrierten und am Bell-Hauptsitz Alsfeld ansässigen European Logistic Centers (ELC). Seit 2002 versorgt das Ersatzteilzentrum die Bell-Märkte in Europa, Nordamerika sowie Teile Asiens und kooperiert dabei eng mit dem 2008 gegründeten globalen Bell-Logistikzentrum (GLC) in Johannesburg. Neben der Lieferung von Teilen an Bell-Händler oder Endkunden koordiniert das ELC eigenständig auch die Zusammenarbeit mit den europäischen Zulieferern, um den Bestand an 10.000 Einzelpositionen für die Bell C-/D-/E-Serien aktuell zu halten (Erstverfügbarkeit. 93%). „Mit der wachsenden Population von Bell-Fahrzeugen in den Märkten der Nordhalbkugel wurde das ELC nicht nur ein unverzichtbarer, sondern auch ein wirtschaftlich wichtiger Bestandteil unserer Aktivitäten,“ kommentiert Andreas Heinrich im Hinblick auf die kontinuierliche „krisensichere“ Umsatzentwicklung im ELC, das zuletzt ca. 13 Mio. Euro zum Gesamtumsatz der Bell Equipment (Deutschland) GmbH von 106 Millionen Euro (2014) beisteuerte.
Marktnähe als Erfolgsgarant
Den Löwenanteil am Ergebnis erwirtschaftet allerdings das Bell-Montagewerk in Eisenach, das 2003 als Niederlassung von Bell Deutschland und nach wie vor einzige ausländische Produktionsstätte von Bell Equipment eröffnet wurde. Ausschlaggebend für Auslagerung und Standortwahl waren damals erhebliche Verbesserungen in der Produktionslogistik, wie sie sich durch die Nähe zu europäischen Zulieferern und europäischen Endkunden gleichermaßen einstellten. Fortan mussten z.B. Motoren, Getriebe bzw. Hydraulik- oder Elektronik-Komponenten nicht mehr langfristig vorfinanziert ins Bell-Stammwerk Richards Bay verbracht werden, um von dort im fertigen Muldenkipper frachtkostenintensiv zurück nach Europa oder andere nördliche Zielmärkte der Bell-Allianzpartner zu gelangen.
„Man setzte damals auf eine möglichst hohe Flexibilität und dies hat sich in den vergangenen über zehn Jahre als sehr weitsichtig und richtig erwiesen,“ erklärt André Krings, verantwortlicher Leiter und Geschäftsführer für das Werk Eisenach. Insgesamt 13 Millionen Euro investierte Bell in das 10-ha-Areal mit 6000 m² großer Produktionsfläche, die im Einschichtbetrieb für eine Jahresfertigung von 800 Fahrzeugen ausgelegt ist. „Wir montieren auf Basis von angelieferten Container-Kits aus unserem Mutterwerk in Richards Bay. Darin enthalten sind alle Bell-Kernkomponenten des spezifischen Modells wie Karosserie-Teile, Rahmen, Fahrwerk oder Steuerungen, die wir mit ‚just-in-time‘ bereit gestellten Aggregaten und anderen Baugruppen komplettieren.“ Konsequent wurde dabei in der Vergangenheit an der Optimierung von Lieferströmen gearbeitet: „Wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, haben wir die Produktion einzelner Komponenten verstärkt lokalisiert – der Anteil von Bauteilen mit EU-Herkunft liegt bei Fahrzeugen aus Eisenacher Produktion heute bei 60 Prozent und darüber,“ erklärt André Krings.
In Eisenach werden alle sechs Modelle von 24,0 bis 45,4 Tonnen Nutzlast auf einer gemeinsamen Montage-Linie produziert: „Das erhöht unsere Flexibilität entscheidend – wir können schnell auf Nachfragespitzen reagieren und auch kundenspezifische Sonderausrüstungen bereits frühzeitig berücksichtigen,“ erklärt André Krings und verweist auf unterschiedliche Abgasstufen, länderspezifische Besonderheiten oder die für den pazifisch-asiatischen Markt bestimmten Fahrzeuge in Farben des Bell-Allianzpartners Hitachi.
Bereits früh zeigte sich der Erfolg des Eisenacher Produktionskonzepts, als man 2005 mit rund 650 Maschinen die bisher höchste Auslastung erreichte. War der Rückgang in den Folgejahren um gut 200 Einheiten durch die Auslagerung des nordamerikanischen Produktionskontigents an den US-Standort des ehemaligen Bell-Allianzpartners John Deere noch einkalkuliert, traf der Einbruch gerade der europäischen Märkte 2009 das Werk umso härter. „Gefühlt kam die Produktion praktisch zum Erliegen. Gemeinsam mit unseren Beschäftigten, Partnern vor Ort und unserem Mutterwerk konnten wir allerdings unsere personelle Kompetenz nachhaltig sichern.“
„Heute liegen wir etwa wieder auf dem Produktionsniveau von 2008,“ rechnet André Krings vor und verweist auf die Erholung wichtiger europäischer Märkte und die erfolgreiche Rückkehr Bell Equipments nach Nordamerika – mit zuletzt knapp 3000 Fahrzeugen in USA und Kanada der weltweit größte Muldenkippermarkt. „Seit 2013 liefern wir wieder über den Atlantik und erreichen heute unter eigener Flagge nahezu wieder die Stückzahlen wie zu Zeiten der ehemaligen Vertriebskooperation. Mit Einführung unserer neuen großen E-Serie ab nächstem Jahr wird sich dieses Potenzial noch deutlich steigern.“ definiert Krings deutlich positive Vorzeichen für das Eisenacher Werk.
Erwartungen in neue Technik
Bereits kurz nach Gründung profitierte Bell Deutschland spürbar von der Einführung der Bell D-Serie 2001/2002, die dem Hersteller zudem mit zahlreichen technischen Premieren und grundlegend weiterentwickelten Modellgenerationen weltweit die Reputation als „Dumperspezialist“ sicherte. Eine ähnliche „Tiefenwirkung“ versprechen sich die Verantwortlich auch vom derzeit laufenden Übergang zur Bell E-Serie, die mit neuem Design, effizienten Antrieben und hoher Wirtschaftlichkeit neue Maßstäbe setzen soll.
„Mit Produktionsstart der EU4/Tier 4final-Versionen unserer bereits 2013 eingeführten Modelle B25E/B30E haben wir den Generationswechsel bei den kleinen Baureihen abgeschlossen,“ erklärt Andreas Reinert, Verkaufs- und Marketingleiter von Bell Deutschland. Dank neuer Mercedes-Benz-Motoren (OM936LA) und einer spezifischen Kombination aus „leichter“ Abgasrückführung (EGR) und AdBlue-Zugabe (SCR) erfüllen die neuen Modelle laut Hersteller bei unverändert hoher Wirtschaftlichkeit die aktuellen Abgasstandards ohne den Einsatz von Diesel-Partikelfiltern (DPF).
„Auch unsere neuen großen Baureihen B35/40E und B45/50E werden diesen echten Praxis-Vorteil bieten. Im Zusammenspiel mit höheren Motorleistungen und nach oben angepassten Nutzlasten zeigen sie zudem in den derzeit laufenden Praxistests konstante oder gar verbesserte Verbrauchswerte, was weiter signifikante Betriebskosten-Einsparungen erwarten lässt.“ Bereits im Herbst 2015 startet in Eisenach die Vorserienproduktion der großen E-Serie, die Markteinführung erfolgt mit Auslaufen der letzten EUIIIb-Produktionsmodelle voraussichtlich im Frühjahr 2016, so Andreas Reinert.
Für 2016/2017 kündigt der Bell-Verkaufsleiter schließlich die Einführung des Bell B60E an. „Mit Prototypen auf D-Serien-Basis erproben wir schon seit drei Jahren, was wir als grundlegend neues Muldenkipper-Konzept bezeichnen: den Einsatz von zweiachsigen Allrad-Knicklenkern der 60-Tonnenklasse als Ergänzung oder Alternative zu klassischen Starrrahmenkippern im Tagebau. Dabei kooperieren wir eng mit Praktikern, die uns die Überlegenheit bei nasser Witterung und auf schwierigem Terrain bestätigen, was dem wendigen 4x4 mit Zwillingsbereifung maximale Auslastung im Ganzjahresbetrieb oder bei Abraumaufgaben garantiert.“ Bereits hätten überzeugte südafrikanische Steinbruchbetreiber den Ende 2013 erstmals offiziell vorgestellten Bell B60D (Tier2) in den Regelbetrieb übernommen – nach eingehenden Gesprächen mit Betreibern rechnet Andreas Reinert auch für die deutsche und europäische Praxis mit einem erfolgreichen Marktstart des innovativen Fahrzeugkonzepts.
Quelle: Bell