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„Unser Geschäft lässt sich nur nah am Kunden führen.“

Innight-Express-Chef Georg Kierdorf im Interview

Ab dem 1. Juli 2016 leitet Georg Kierdorf als CEO die Geschäfte der Innight Express GmbH, die nach einem Asset Deal den Geschäftsbetrieb der TNT Innight GmbH & Co. KG übernommen hat. Gesellschafter von Innight Express ist der SSVP III Fonds, an dem Kierdorf als Mitinvestor beteiligt ist. Zeitgleich wurde die TNT Innight Austria GmbH in Wien übernommen. Zusammen erwirtschafteten die beiden Gesellschaften mit rund 1.000 Mitarbeitern zuletzt einen Umsatz von 200 Millionen Euro. Die Länderorganisationen in den Niederlanden und in Belgien sollen im 3. Quartal in den Firmenverbund integriert werden. Im Interview erläutert Kierdorf die Hintergründe der Übernahme.

Herr Kierdorf, warum haben Sie in TNT Innight investiert. Das Unternehmen gilt in der Branche als Sanierungsfall.

Nostalgie und Emotionen sind bekanntlich keine guten Ratgeber bei Investments. Aber ich habe 1984 mit meinen Eltern und meinem Bruder die NVS Kierdorf GmbH aufgebaut, kenne also das Geschäft der Nacht-Express-Logistik von der Pieke auf – wie auch die gesamte Branche. Am Anfang habe ich nachts auch selbst am Steuer gesessen. Da wachsen die Luftwurzeln zur Branche, auch ohne Zutun. Das erfolgreiche Unternehmen NVS ist nach dem Verkauf durch unsere Familie zu einem Teil der TNT Innight geworden. Da schmerzt es schon, wenn man zuschauen muss, wie Managementfehler zur Schieflage führen.

Welche Managementfehler meinen Sie?

Unser Geschäft ist ein sehr spezielles. Es ist Dienstleistung in Perfektion. Das heißt die engen Zeitfenster werden eingehalten. Die Ware wird sicher angeliefert. Der Fahrer weiß um die Besonderheiten des Packstücks und die Wünsche des Kunden. Er ist eine Vertrauensperson mit Schlüsselhoheit. Ein solches Geschäft müssen sie ganz nah am Kunden führen. Er muss Ihnen Vertrauen schenken können - und dieses Vertrauen dürfen Sie nicht enttäuschen. Da ist es tödlich, wenn ich aus falsch verstandenem Rentabilitätsdenken, die Bereiche outsource, die besonders kundennah sind. Genau das ist hier geschehen.

Und es ist auch tödlich, wenn ich Verwaltung und operatives Geschäfts räumlich voneinander trenne und gleichzeitig immer neue Hierarchie-Ebenen einziehe. Das sind Indizien dafür, dass sich ein Management ungestört mit sich selbst beschäftigen will. Da spielen wir nicht mit: Unter anderem deshalb gibt es einen Geschäftsführer für Kundenservice; mit Hans Peter Scheel haben wir einen ausgewiesenen Experten an Bord.

Aber als Branchenkenner wissen sie um den Preisdruck, dem sich die Unternehmen stellen müssen.

Meine Überzeugung ist, dass solche Dienstleistungen eine Stärke des Mittelstandes sind. Mittelständler denken und agieren anders als Konzerne. Wenn Rationalisierungsprogramme, gegen die ja nichts zu sagen ist, die Geschäftsgrundlage zerstören, dann zieht ein Mittelständler die Bremse, weil es um seine Existenz geht. Konzerne haben da viel mehr Kompensationsspielraum. Fehler können so unbehelligt Kreise ziehen. Das heißt für uns: Kosteneffizienz Ja, aber nicht wenn die Substanz der Dienstleistung leidet.

Was heißt das konkret?

Unsere Übernahme bedeutet nicht automatisch Arbeitsplatzabbau. Wir werden auf bewährte Mitarbeiter setzen und deren Know-how. Verzichten müssen wir auf Callcenter oder Zeitarbeiter. Ganz altmodisch: Wir brauchen Mitarbeiter, die unsere Kunden kennen – und umgekehrt. Nicht weil wir Nostalgiker sind, sondern weil das die Grundlage unseres Geschäfts ist. Innight Express wird wieder spürbar zu einem inhabergeführten Unternehmen werden.

Und das bisherige Management?

Haben wir zum 1.7. abgelöst. Wir setzen bei der neuen Personalpolitik bei den Verursachern des Problems an. Und das sind nun mal nicht die Subunternehmer und Lagermitarbeiter.

Das Investment wird von Ihnen zusammen mit einem Investmentfonds gestemmt. Ist das Unternehmen damit nicht ebenso zahlengetrieben wie ein Konzern. Kommen jetzt nicht die alten Fehler unter neuen Vorzeichen?

Das kann ich nicht erkennen. Wer investiert, muss sicher sein, dass sich sein Investment rechnet. Dazu muss er bei dem defizitären Unternehmen eine genaue Ursachen-Analyse machen. Wir haben nicht vor, die Fehler unserer Vorgänger zu wiederholen. Glauben Sie mir: Wir machen unsere Hausaufgaben gründlich.

Aber am Schluss steht immer ein profitables Exit-Szenario.

Es gehört zu der Eigenart von Unternehmen, dass sie möglichst profitabel sein sollten. Ein Ziel, zu dem wir uns bekennen. Aber im Moment heißt die Devise: Konsolidierung. Das Unternehmen muss wieder in ruhige Gewässer gebracht werden. Wir haben uns ein Zeitfenster von sieben Jahren gesetzt. Welche Optionen es für das Unternehmen und seinen erfolgreichen Weiterbestand gibt, werden wir dann entscheiden. Dabei zählt dann aber all das, was ich vorher gesagt habe.