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An der Stellschraube Betriebskosten drehen - Großtagebau nimmt die ersten Cat Muldenkipper 772G in Deutschland in Betrieb

Deutliche Fortschritte beim Emissionsausstoß macht der neue Cat Muldenkipper 772G. Das betrifft zum einen die Geräusche in und außerhalb der Kabine. Zum anderen zielt die aktuelle Motorentechnik der Stufe IV auf einen geringeren Kraftstoffverbrauch ab. Zwei Aspekte, die für den Großtagebau Kamsdorf entscheidend waren. Das Unternehmen, das im Dreieck Thüringer Wald, Franken und Vogtland in der Nähe von Saalfeld den selektiven Abbau von Dolomit, Kalkstein, Grauwacke und Tonschiefer betreibt, investiert in zwei neue Skw mit 50 Tonnen Nutzlast. Die beiden Muldenkipper Cat 772G sind damit die ersten Geräte der neuen Baureihe, die in Deutschland den Betrieb aufnehmen. Sie ersetzen Baumaschinen der Vorgängerserie. 2010 lieferte die Zeppelin Niederlassung Chemnitz zusammen mit dem Konzernkundenbereich bereits Mulden mit Starrrahmen – zwei Cat 772 wurden damals von dem Rohstoffbetrieb für 48 Monate geleast. Nun war der Zeitpunkt für einen Wechsel im Maschinenpark gekommen. Und Zeppelin legte nach: in Form der ersten Modelle der G-Serie. 

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Damit setzt der Großtagebau Kamsdorf seinen eingeschlagenen Weg in Richtung Wirtschaftlichkeit fort, der in der Vergangenheit durch Investitionen in die Aufbereitungstechnik sowie durch einen Umbau bestehender Anlagen untermauert wurde. In diesem Jahr wurde die Kranbahn am Vorbrecher einer Sanierung unterzogen. Um die Betriebsabläufe zu straffen, soll mittels einer zusätzlichen Siebmaschine die Kapazität ausgebaut werden. 2014 wurde nicht nur in eine neue Reifenwaschanlage investiert, damit die Lkw von Schmutz befreit werden, bevor sie auf die öffentlichen Straßen rollen, sondern auch in die Gerätetechnik in der Rohstoffgewinnung. „Wir erwarten uns von den neuen Maschinen, dass sie um einiges sparsamer im Verbrauch sind, aber auch die Getriebetechnologie weiterentwickelt wurde“, verdeutlicht Geschäftsführer Andreas Kastner. Davon machte er sich zusammen mit dem Fahrer Maik Hähner selbst ein Bild, bevor der neue Vertrag spruch-, respektive unterschriftsreif war. In der Nähe von Dresden absolvierte ein Vorseriengerät der G-Serie einen Testeinsatz. Dabei müssen sich die neuen Features den Anforderungen der Praxis stellen und in vielen Tests bewähren. Erst dann läuft im amerikanischen Peoria, gleichzeitig auch Firmensitz von Caterpillar, die Serienproduktion an. „Bei dem Testeinsatz haben wir die letzten kritischen Punkte abgeklärt“, so Kastner. Auf dem Prüfstand stand die Getriebetechnik. „Hier hat sich deutlich was  getan“, meint er. So zeigen sich die Verbesserungen der Getriebesteuerung in ruckfreien Schaltvorgängen. Das Ergebnis: eine schnellere Beschleunigung, mehr Geschwindigkeit an Steigungen und kürzere Taktzeiten. Die Elektronik moduliert Getriebeschaltpunkte, minimiert Drehmomentspitzen bei Schaltvorgängen und reduziert die Belastung im Antriebsstrang. Die Folge: Die Lebensdauer der Antriebsstrangkomponenten wird erhöht und der Fahrerkomfort steigt, weil die Maschine sanfter anfährt. „Das Schalten in den nächsthöheren oder niedrigeren Gang läuft nun spürbar geschmeidiger ab“, bestätigt auch der Fahrer Maik Hähner.

Vorgeknöpft haben sich die Entwicklungsingenieure von Caterpillar außerdem den Antriebsschlupf, um eine höhere Traktion zu erreichen, damit die Fahrer die Geschwindigkeit selbst an Steigungen unter nassen und rutschigen Bedingungen beibehalten. Damit den Muldenkippern an der Hauptkippstelle im Tagebau zukünftig Bodenwellen erspart bleiben, die den Verschleiß an den Reifen fördern, wurde der alte Belag herausgenommen und die Fläche neu betoniert – auch das war den verbesserten Abläufen geschuldet. Das durch Bohren und Sprengen gelöste Material wird im Großtagebau per Tieflöffelbagger auf die Muldenkipper verladen, die es zur stationären Vor- beziehungsweise direkt zur Nachbrecheranlage transportieren. Welches Material sie gerade befördern, variiert und hängt von der jeweiligen Ladestelle ab. Für den Transport von Dolomit und Kalkstein erhielten die beiden Skw eine Bordwanderhöhung, um mehr von diesen Rohstoffen aufnehmen zu können. 

Im Lauf der Jahre dehnte sich der Abbau nicht nur flächenmäßig in die Breite aus, sondern er ging auch in die Tiefe. „Inzwischen haben wir den vorläufigen Endpunkt erreicht. 2014 werden wir die dritte Sohle im Bereich der Grauwacke auffahren“, gab der Geschäftsführer zu den Plänen bekannt. Der gegenwärtige Stand: Der Rahmenbetriebsplan ermöglicht einen Abbau bis 2027. Die Baumaschinen müssen auf der bis zu rund hundert Hektar großen Abbaufläche Entfernungen von bis zu 1 200 Metern zurücklegen sowie Auffahrten, die mitunter 15 Prozent Steigung haben, bewältigen. Das Anforderungsprofil an die Skw hat Andreas Kastner so definiert: Mit den Muldenkippern muss eine Kapazität von hundert Tonnen pro Umlauf erreicht werden, um auf eine Jahresproduktion von bis zu 600 000 Tonnen zu kommen. Um zu verhindern, dass eine Überladung erfolgt, können die Fahrer nun das standardmäßig verbaute Wägesystem in der neuen G-Serie nutzen, das bis zu 2400 Umläufe speichert und mithilft, die Produktivität der Maschinen zu erfassen und auszuwerten. Um an der Stellschraube Betriebskosten zu drehen und möglichst alle Potenziale auszuschöpfen, unterliegt die Baumaschinentechnik einem stetigen Wandel. Doch auch Gesetze – allen voran die neuen EU-Richtlinien hinsichtlich Abgasemissionen – fordern hier ihren Tribut. Im Fall der Muldenkipper- Serie 772G sieht die Lösung von Caterpillar so aus: Um die Abgasemissionen gemäß Stufe IV zu begrenzen, arbeitet der 410 kW (558 PS) starke Cat Motor C18 mit selektiver katalytischer Reduktion (SCR, Selective Catalytic Reduction). Die meisten Komponenten dieser Technologie sind dabei im sogenannten Cat Clean Emissions-Modul im Abgasstrang zusammengefasst. Um die schädlichen Stickoxide zu reduzieren wird eine Harnstoff-Lösung aus rund 33 Prozent Harnstoff und 67 Prozent entmineralisiertem Wasser in den Auspuff eingespritzt, wobei eine Reaktion mit allen NOx-Restbeständen erfolgt und Ammoniak entsteht. Die Abgase werden dann durch einen Ammoniak-Oxidationskatalysator geleitet, wobei die Abgase mit Sauerstoff reagieren und inertes Wasser und Stickstoff erzeugen. 

Der Harnstoff-Tank sitzt direkt neben dem Kraftstoff-Tank und fasst bis zu 21 Liter. Der Geschäftsführer rechnet mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von bis zu 4000 Litern. Muldenkipperfahrer vom Großtagebau Kamsdorf, wie Domenic Pache und Maik Hähner, müssen nicht allein den Dieselkraftstofftank, sondern ab sofort auch den aktuellen Füllstand von Harnstoff über eine Anzeige in der Kabine im Blick behalten. Was die Maschinisten im Umgang damit alles zu beachten haben, wurde ihnen während einer Einweisung in ihren neuen Arbeitsplatz seitens der Zeppelin Projekt- und Einsatztechnik nähergebracht. Dabei erfuhren sie, dass Sprit und Harnstoff-Lösung zeitgleich aufgefüllt werden sollten. Ein weiterer Hinweis: Diese kann bei tiefen Außentemperaturen gefrieren, deswegen wird der Harnstoff-Tank über den Motorkühlkreislauf beheizt. 

Das Zeppelin Team schult Fahrer im sachgemäßen Umgang mit neuer Baumaschinentechnik genauso wie in puncto spritsparender Fahrweise. „Wir haben es hier immerhin mit komplett neuen Fahrzeugen zu tun“, hebt Domenic Pache hervor. Und Andreas Kastner ergänzt: „Unsere Fahrer kennen die Muldenkipper seit vier Jahren in- und auswendig. Doch sie sollten vertraut werden mit den Veränderungen, die mit den neuen Geräten verbunden sind.“ Bei der Geräteeinweisung kamen auch weitere Einsparungen beim Kraftstoff zur Sprache. Diese macht bei den beiden Cat 772G etwa auch die neue automatische Neutralschaltung möglich. Die Funktion  schaltet das Getriebe automatisch in die Neutralstellung, wenn sich das Getriebe in einem der Vorwärtsgänge befindet und die Bremse länger als 15 Sekunden betätigt wird. Dadurch werden störende Lasten auf den Antriebsstrang reduziert und die Kraftstoffeffizienz gesteigert. Sobald der Fahrer seinen Fuß von der Bremse nimmt, wird der Gang wieder eingekuppelt. Ein für die Fahrer transparenter Vorgang, den sie nachverfolgen können. Die Modelle 772G sind standardmäßig ausgestattet mit Product Link – das Flottenmanagement-Tool von Caterpillar will auch Geschäftsführer Andreas Kastner in Zukunft gezielt auswerten, um so den Kraftstoffverbrauch nachhaltig zu erfassen. Das erfolgte bislang manuell – die Fahrer mussten den Verbrauch notieren. Zusammen mit der monatlichen Abrechnung wurde dann ermittelt, wie viel Sprit verfahren wurde. 

Läuft im Frühjahr und Herbst die Düngekalkproduktion am Standort Kamsdorf auf Hochtouren, die ein Viertel des Materialumsatzes ausmacht, wird mit den Muldenkippern auch bis in die Nachtstunden gearbeitet. „Daher kommt es uns nun sehr entgegen, dass die wahrnehmbaren Geräusche in der Kabine und außerhalb gesunken sind, reduziert sich so doch die Belastung für das Personal und die Anwohner“, hebt Kastner hervor. Ein Umstand, den auch die Muldenkipperfahrer wie Domenic Pache und Maik Hähner bestätigen. Um es den Mitarbeitern und der Umwelt so angenehm wie möglich zu machen, wurde als Rückfahrwarnsignal nicht die hochfrequente Standardlösung favorisiert, sondern ein Breitband-Signalton. Im Bereich Komfort haben die neuen Arbeitsgeräte einiges an Verbesserungen zu bieten, die der Sicherheit dienen. Für den nötigen Durchblick sorgen erstmals konkave Rückspiegel. Ein neuer, aus vier Streben bestehender Überroll-/Steinschlagschutz (ROPS/FOPS) wurde in die Fahrerkabine integriert. Diese ist wieder mittig angeordnet. „Daran haben sich die Fahrer längst gewöhnt. Bei der Vorgängerserie gab es anfangs noch Vorbehalte beim Rückwärtsfahren, doch diese sind längst vom Tisch“, führt der Geschäftsführer aus. Sicherheit hat bei der Rohstoffgewinnung seit jeher einen hohen Stellenwert. 2013 erhielt der Großtagebau Kamsdorf zum vierten Mal das Gütesiegel „Sicher mit System“ der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie – davor zeichnete der Bundesverband Kalk den Betrieb für sieben Jahre Unfallfreiheit in Folge aus. Um sicheres Arbeiten zu ermöglichen, wählte der Betrieb aus dem Paket an zusätzlicher Sicherheitsausstattung einen Feuerlöscher, einen Vier-Punkt-Sicherheitsgurt und eine Frontkamera, die zusammen mit einer Rückfahrkamera Bilder auf das Display in der Kabine überträgt. Für sicheres Ein- und Aussteigen sorgen die Handläufe, eine Beleuchtung und ein komfortables Treppensystem mit geriffelter Trittfläche. Eine neue, nach hinten angeschlagene Tür ermöglicht den direkten Zugang zur Fahrerkabine und durch die neuen Handläufe an der Kabine wird die Reinigung der Windschutzscheibe vereinfacht. Alle Bereiche für routinemäßige Wartungsarbeiten sind über Plattformen oder vom Boden aus zugänglich.  

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Über den Großtagebau Kamsdorf 

Geologisch gesehen fällt er in die Kategorie Thüringer Schiefergebirge. Seit dem frühen Mittelalter bis Mitte der 1950er-Jahre wurden in Kamsdorf Kupfer-, Kobalt-, Nickel- und Eisenerze gefördert. 1963 wurde der Großtagebau Kamsdorf in Betrieb genommen – 2013 wurde das 50-jährige Jubiläum gefeiert. Zunächst war der Fokus auf Zuschlagstoffe für die metallurgische Industrie gerichtet. Mitte der 1970er-Jahre erfolgte eine Umstellung der Produktion auf Düngekalk und Zuschlagstoffe für die Bauindustrie, wie Splitte für Beton und Asphalt, Frostschutz- und Schottertragschichten für den Straßenbau, Brechsande für den Rohrleitungsbau sowie Wasserbausteine für den Galabau. Abnehmer werden auch über einen Privatbahnbetreiber bis nach Brandenburg sowie Mecklenburg-Vorpommern beliefert. Die Bahnverladestation befindet sich in Könitz. Parallel zum selektiven Abbau erfolgt seit 1994 eine partielle Verfüllung des Großtagebaus mit unbelastetem Bauschutt und Erdaushub. Der Großtagebau Kamsdorf ist seit Mai 1993 eine hundertprozentige Tochter der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG. 

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Deutschland-Premiere – gemeinsam nehmen sie die beiden ersten Muldenkipper der G-Serie hierzulande in Betrieb (von links): Jens-Peter Schrader, Territory Manager von Caterpillar, Lothar Franke, Zeppelin Serviceleiter, Reinhold Bosl, Zeppelin Konzernkunden Verkaufsleiter, Andreas Kastner, Geschäftsführer vom Großtagebau Kamsdorf, Eckhard Zinke, Zeppelin Vertriebsdirektor, Domenic Pache und Maik Hähner, die beiden Muldenkipperfahrer im Großtagebau Kamsdorf, sowie Hans-Peter Boerstler, Leitender Verkaufsrepräsentant bei Zeppelin. 

Das durch Bohren und Sprengen gelöste Material wird im Großtagebau auf die Muldenkipper verladen, die es zur stationären Vor- beziehungsweise direkt zur Nachbrecheranlage transportieren.

Quelle: Foto: Caterpillar/Zeppelin