Filter
Zurück

Auf Nummer sicher - Schwingungen beim Kalkabbau reduzieren

Inzwischen klagen immer mehr Arbeitnehmer über gesundheitliche Beschwerden. Volkskrankheit Nummer eins sind Rückenschmerzen – bis zu 80 Prozent der Deutschen haben es mindestens einmal im Jahr im Kreuz. Krankheiten von Wirbelsäule und Bandscheiben verursachen jährlich im Schnitt rund 3,7 Millionen Krankschreibungen und 75 Millionen Tage Arbeitsunfähigkeit – so amtliche Erhebungen. Eine der Berufsgruppen, die permanent Ganzkörperschwingungen oder -vibrationen ausgesetzt sind, sind die Fahrer von Baumaschinen. Während sie diese tagtäglich auf Baustellen oder innerhalb von Steinbrüchen bewegen, wirken auf ihren Körper Erschütterungen. In der Unternehmensgruppe Schwenk beispielsweise wird deswegen dem Arbeits- und Gesundheitsschutz längst ein hoher Stellenwert eingeräumt – auch die jüngste Investition in einen Cat Muldenkipper 777G ist diesem Bestreben geschuldet. Der neue SKW trat dieser Tage am Standort Allmendingen seinen Dienst an. 

Anzeige

Zum Schutz der Beschäftigten vor Vibrationen hat die EU 2002 mit der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung die Richtlinie 2002/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates erlassen, die in die nationale Gesetzgebung umgesetzt wurde. Arbeitgeber wie Schwenk stehen nun in der Pflicht, tatsächliche sowie potenzielle Gefährdungen durch Vibrationen zu beseitigen oder auf ein Minimum zu beschränken. Daher wird bei jeder neuen Baumaschine anhand einer Gefährdungsbeurteilung geprüft, wie sich deren Schwingungen reduzieren lassen. Der Muldenkipper ist Teil eines Maschinenpakets, das Schwenk bei der Zeppelin Niederlassung Ulm in Auftrag gab. Es besteht aus einem weiteren 777G-Modell, drei Cat Muldenkippern 775G sowie einem Cat Radlader 992K. Zwei Mulden mit Starrrahmen sind für einen Einsatz am Standort Allmendingen und drei für Mergelstetten vorgesehen. „Hinsichtlich der Maschinengröße gab es keine Diskussion. Auf dem Prüfstand standen Kriterien wie der Fahrerkomfort, aber auch Service und Zuverlässigkeit haben Priorität“, verdeutlicht der Leiter der Rohstoffsicherung, Wolfgang Kuhnt, zuständig für die Werksgruppe Süd mit den Standorten Allmendingen und Mergelstetten.

Um die Vibrationen zu ermitteln, denen die Maschinisten – etwa in den SKW – ausgesetzt sind und die auf ihren Körpern lasten, schaffte sich das Unternehmen Schwenk extra ein Messgerät an. Damit sollen die Schwingungen aufgezeichnet und die Fahrweise überprüft werden. Sofern die Schwingungen einen Grenzwert nicht überschreiten, ist alles im grünen Bereich. Ansonsten besteht Handlungsbedarf. Eine Art Teller samt Sensor wird auf dem Fahrersitz installiert und misst während der Arbeitszeit von acht Stunden und des Arbeitsvorgangs kontinuierlich die Schwingungsbelastung. Diese wird während des Ladevorgangs, der Fahrt zum Brecher und beim Abkippen registriert. Der neue Muldenkipper wird in Allmendingen von drei Hauptladestellen aus beladen, die sich bedingt durch das Fortschreiten des Abbaus ständig ändern. Ein Hochlöffelbagger RH120E, ein Cat Radlader 990H und 992K übernehmen das Beschicken mit dem Rohstoff Kalkstein. Als Zielvorgabe müssen die Geräte einen Durchsatz von 1 600 Tonnen pro Stunde erreichen. Das ist die maximal mögliche Menge, die der Brecher schafft. Welche Ladestelle Dieter Schlude, der Fahrer des neuen Cat 777G, sowie seine Kollegen ansteuern müssen, gibt der Mitarbeiter vor, der den Brecher steuert. Anhand der chemischen Zusammensetzung des Natursteins, der im Brecher zerkleinert und dort sofort auf seine Bestandteile analysiert wird, entscheidet sich, an welchen Stellen und in welchen Mengen der Abbau erfolgen soll, um ein homogenes Mischungsverhältnis für das Endprodukt Zement zu erhalten. Somit wird flexibel auf die sich ständig wechselnden Anforderungen reagiert.

Der neue 777G erhielt bei Schwenk den Namen Anna – die anderen laufen unter Berta, Clara und Dora. „Das sind alles anonyme Namen ohne Bezug. Ihre Funktion dient der einfachen Identifizierung und der verständlichen Kommunikation, wenn sich die Mitarbeiter beispielsweise über Funk verständigen, wenn sie etwa die Ladestelle wechseln sollen“, so Wolfgang Kuhnt. Doch wann zeigt sich, ob mechanische Schwingungen zu Lasten der Gesundheit gehen und sie womöglich schädigen? Entscheidend ist zum einen die Schwingungsfrequenz, das heißt, der zeitliche Abstand, in dem Erschütterungen erfolgen, und zum anderen die Schwingungsamplitude, sprich die Stärke der Erschütterung. Folgen kann haben, in welcher Richtung, auf welche Körperstelle und wie lange Schwingungen einwirken. Kritisch gelten Schwingungen zwischen 0,5 bis 100 Hertz, denn dann wird das Wohlbefinden gestört und die Leistung kann beeinträchtigt werden. Wer Baumaschinen bedient, ist Ganzkörper-Schwingungen von einem bis zehn Hertz ausgesetzt, die in der Regel über das Gesäß auf den Körper und somit die Wirbelsäule, Lendenwirbelsäule und Bandscheiben wirken und diese belasten. Daraus können Verschleißerscheinungen für Muskeln, Skelett und Nervensystem resultieren, aber es können auch andere Körperfunktionen wie Durchblutung beeinträchtigt werden. Soweit soll es beim Abbau von Kalkstein in Allmendingen sowie an den anderen Standorten der Schwenk-Gruppe wie Mergelstetten, Karlstadt oder Bernburg gar nicht kommen.

Wesentlicher Bestandteil ist es daher, alle Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen in puncto Arbeitsschutz und -sicherheit zu unterweisen, aber auch potenzielle Gefahrenquellen auszuschließen. Auch eine andere Baumaschine aus dem Lieferprogramm der Zeppelin Niederlassung Ulm musste sich den diesbezüglich hohen Anforderungen der Schwenk-Gruppe stellen: ein neuer Cat Minibagger, 302.2D, der aufgrund seiner kompakten Bauweise gegenüber dem 777G fast wie ein Spielzeug anmutet. Er wird in Allmendingen eine Sonderrolle übernehmen. Sein Einsatzgebiet beschränkt sich auf den Hammerwellenbrecher. Er wird stundenweise gefordert sein und zwar, wenn der Abwurfbereich des Plattenbandes abgeräumt werden muss, damit der Brecherabwurfschacht betreten werden kann. Dann wird er dieses Material entfernen und die Gefahrensituation entschärfen, was früher ein Mitarbeiter gemacht hat, der über einen Korb reingehoben und Stein für Stein einzeln geborgen hat – früher ein mühsames Unterfangen. Mit einer Reihe von Maßnahmen sollen innerhalb der Unternehmensgruppe gesundheitliche Belastungen und vibrationsbedingte Erkrankungen vorgebeugt werden. Das kann beispielsweise durch entsprechende Federungen und Dämpfer der Baumaschinen erreicht werden. Ein gefederter Fahrersitz mit Dreipunktgurt wie er in dem Cat 777G verbaut ist, leistet einen entscheidenden Beitrag. „Das bestätigen inzwischen auch die Fahrer, dass sich der Sitz verbessert hat. Was sie sagen, nehmen wir sehr ernst. Wir müssen die Bedingungen dafür schaffen, dass sie acht Stunden konzentriert ihrer Arbeit nachgehen können. Was technisch machbar ist, wollen wir auch umsetzen. So vermeiden wir Unfälle und haben eine niedrige Krankenquote“, betont der Leiter der Rohstoffsicherung. Damit der Sitz seine ganze Wirkung entfalten kann, sollten Fahrer vor dem Starten des Motors den Sitz auf ihr Gewicht einstellen. Aber auch andere Features unterstützen die Ergonomie. So sind Bedienelemente leicht erreichbar. Eine komfortabel gestaltete Kabine wie im Cat 777G sorgt schließlich dafür, dass der Fahrer der Baumaschine über eine längere Zeit und ohne Beeinträchtigung seiner Gesundheit Leistung bringen kann.

Um Vibrationen an der Wurzel zu packen, gilt es an allen Standorten von Schwenk, Schwingungen an der Entstehungsstelle zu verringern. Diese können etwa durch unebene Wege verursacht werden, auf denen die Baumaschinen verkehren. Sie haben unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Vibrationsbelastung. Darum sollten Wege in Schuss gehalten werden. Am Standort Allmendingen beispielsweise übernehmen Radlader Aufgaben im Wegebau beziehungsweise der -pflege, wenn sie nicht gerade ihrer Haupttätigkeit nachkommen: dem Beladen der Muldenkipper. Sie sorgen dann dafür, Wege zu begradigen und Unebenheiten auszumerzen. Um Steigungen möglichst zu vermeiden, die ansonsten die Kipper auf der Fahrt vom und zum Brecher auf sich nehmen müssten, wurde sogar eine extra Strecke im Steinbruch angelegt. Die Fahrer von Schwenk, welche die Großgeräte wie den Cat Muldenkipper 777G innerhalb des Steinbruchs bedienen, wissen aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung, dass sie das Areal nur mit angemessener Geschwindigkeit befahren dürfen und ihre Fahrweise anpassen müssen, um Vibrationsbelastung zu umgehen. Vorausschauendes Fahren gehört hier genauso zum festen Grundsatz wie abruptes Bremsen oder Beschleunigen zu vermeiden. Denn auch das trägt dazu bei, Vibrationen zu begrenzen. Der pflegliche Umgang mit den Arbeitsgeräten drückt sich dann auch im Gesamtbild aus. „Unsere Maschinen halten wir stets alle in einem guten Zustand bis zu ihrem Einsatzende.

Ein Wechsel im Maschinenpark ist dann deshalb bedingt, weil wir Geräte nach neuestem technischen Stand einsetzen wollen, die mehr Leistung bringen und von den Herstellern weiterentwickelt wurden“, erklärt Wolfgang Kuhnt. So war es auch bei dem neuen Cat 777G, der in puncto Sicherheit überarbeitet wurde. Sein Bremsverhalten, die Antriebsschlupfregelung und der Zugang zum Fahrerhaus wurde bei der neuen Muldenkipper-Baureihe verbessert. Damit die Fahrer wirklich alle technischen Möglichkeiten ausschöpfen, welche die Baumaschinen bieten, erhalten sie bei jeder Inbetriebnahme eines neuen Geräts auch eine Einweisung. Diesmal war Ronald Duchow von der Zeppelin Projekt- und Einsatzberatung vor Ort, als der Cat 777G ausgeliefert wurde, um den Fahrer Dieter Schlude noch mal die wesentlichen Neuerungen zu erklären. „Das Unternehmen vertraut den Mitarbeitern eine hohe Investition an. Die Fahrer haben selbst einen großen Einfluss auf das Fahrverhalten der Maschine. Umso wichtiger ist es, alle zur Verfügung stehenden Features und Assistenzsysteme bestmöglich zu nutzen, um die Übertragung von Schwingungen zu minimieren“, bringt es Dietmar Meul, Handlungsbevollmächtigter im Einkauf bei Schwenk, auf den Punkt. 

Bildtext:     

Schlüsselübergabe für Anna: Der neue Cat Muldenkipper 777G tritt bei Schwenk seinen Dienst in Allmendingen an (von links): Willi Krah, Zeppelin Niederlassungsleiter Ulm, Dietmar Meul, Handlungsbevollmächtigter im Einkauf bei Schwenk, Wolfgang Kuhnt, Leiter der Rohstoffsicherung bei Schwenk und zuständig für die Werksgruppe Süd, Dieter Schlude, Muldenkipperfahrer bei Schwenk, Eberhard Vögtlin, Schwenk Fuhrparkleiter der Werksgruppe Süd, sowie Jürgen Blattmann, Zeppelin Vertriebsdirektor Baden-Württemberg. 

Der neue Muldenkipper wird in Allmendingen von drei Hauptladestellen aus beladen, wie hier von einem neuen Cat 992K, der ebenfalls Bestandteil des Maschinenpakets war, das die Zeppelin Niederlassung Ulm liefern durfte

Fotos: Zeppelin

Quelle: Foto: Caterpillar/Zeppelin