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Trends in der Pflanzenschutztechnik im Ackerbau

Harald Kramer, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (Pflanzenschutzdienst), Münster

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Neue Trends im Bereich der Pflanzenschutztechnik werden nicht mehr nur durch die Innovationskraft der Landmaschinenhersteller bestimmt, sondern in zunehmendem Maße von der Öffentlichkeit bzw. auch von den Zulassungsbehörden von Pflanzenschutzmitteln. Denn Begriffe wie Abstandsauflagen zu schützenswerten Strukturen, Schutz des Anwenders und auch Spaziergängern etc. sowie die Vermeidung von Punkteinträgen prägen immer mehr die Diskussionen in diesem Bereich. Doch auch der Landwirt hat ein ureigenes Interesse daran, Pflanzenschutzmittel möglichst gezielt, exakt dosiert und nur im wirklich notwendigen Maße einzusetzen. Und eben an dieser Schnittstelle lassen sich auf der Agritechnica 2015 wieder einige sehr interessante technische Lösungsansätze feststellen.

Pflanzenschutzgeräte - angebaut, angehängt oder selbstfahrend?

Auf Grund des anhaltenden Trends zu immer mehr Schlagkraft, behalten die großen Fassvolumina im gezogenen Bereich weiterhin eine steigende Bedeutung. Hier sind Behältergrößen von 10.000 l und mehr keine Seltenheit mehr. Doch auch im angebauten Bereich mit entsprechenden Fronttanksystemen gibt es Hersteller übergreifend ebenfalls Möglichkeiten, um dem „kleinen Selbstfahrer“ mit großen Fassvolumina zu einer größeren Akzeptanz in der Praxis zu verhelfen. Jedoch dürfen hierbei die Anforderungen an den Traktor bezüglich der Achslasten usw. nicht außer Acht gelassen werden. Auch neue Schädlinge, Sonderkulturen und Applikationen in hohen Kulturen haben den Trend in Richtung von Selbstfahrern bestätigt. In diesem Bereich werden „Komplettlösungen“ angeboten, die nahezu keine Wünsche offen lassen.

Intelligente Pflanzenschutztechnik!

Über alle Spritzsysteme hinweg ist ein Trend unübersehbar: die Auslastung der Spritze kann und muss noch gesteigert werden. Hierbei stellen sicherlich die elektronischen Hilfsmittel einen entscheidenden Faktor dar. Aber bei aller elektronischen Unterstützung und der Vielzahl an einzelnen Modulen werden die Bedienerfreundlichkeit und die Gesamtlösungen immer häufiger aus der Praxis nachgefragt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Hersteller übergreifende, offene Lösungen benötigt werden, die ein intuitives Entscheidungsunterstützungssystem zur zielorientierten, termingerechten und präzisen Applikation von Pflanzenschutzmitteln umsetzen. Insbesondere die Unterstützung im Bereich der legalen Anwendung von Pflanzenschutzmittel bis hin zur Dokumentation weist hier dem Praktiker einen Nutzen aus.

Auch das Thema „Gestängesteuerung“ geht neue Wege, indem vorausblickend flächendeckende Profile vor dem Schlepper erfasst werden, um dann die Ultraschallsensoren, die nur punktuell arbeiten, zu unterstützen. Hier werden ganz neue Möglichkeiten der Detektion von lückigen Beständen, Fahrgassen und Reihenzwischenräumen inklusive der Umsetzung in einer optimalen Gestängelage möglich. Ebenso scheinen, auch dem technischen Fortschritt geschuldet, neue extrem weite pulsweitenmodulierte Düsensysteme mit 50 Hz zur Praxisreife zu kommen. Durch kurze Schaltzeiten und schnelle Ventile mit angepasster Düsentechnik wird auf der Agritechnica 2015 ein System vorgestellt, vom reinen Spot Spraying zur flächendeckenden Behandlung mit einem Zwischenmodus der beide Systeme vereint, das die Grundlage für eine variable Ausbringmenge im Gestänge darstellt. Solche Systeme stellen sicherlich die Grundluge für nahezu alle Sensoren in der Landwirtschaft dar, die eine unterschiedliche Aufwandmenge innerhalb des Gestänges benötigen. Für die bekannten Mehrtanksysteme sind nun auch entsprechende Direkteinspritzungssysteme vorhanden, die die bekannten Probleme der Reinigung und auch der Schaltzeiten gelöst haben, um somit einen Einsatz im Bereich des Precision Farmings sicherzustellen.

Umweltrelevante Themen können auch der Praxis helfen

Die Befüllung der Feldspritze mit Pflanzenschutzmitteln stellt in vielen Fällen einen kritischen Bereich dar, wodurch die Umwelt und der Anwender nachhaltig belastet werden können. Doch zukünftig gibt es geschlossene Befüllsysteme, die über entsprechende Adapter nahezu alle PSM-Gebindegrößen (inklusive Großgebinde) bedienen und von der Einspülschleuse abgekoppelt im Saugbereich die Pflanzenschutzmittel dosieren können. Die Genauigkeit wird über elektronische Durchflussmesser oder integrierte Messzylinder deutlich vereinfacht, und somit steht einem flächendeckenden Einsatz zukünftig nichts mehr im Wege. Neben den positiven Umweltaspekten werden hierbei durch den Verzicht der Nutzung einer Einspülschleuse auch potenzielle Spritzschäden in Nachfolgekulturen minimiert bis ausgeschlossen, da die Reinigung deutlich vereinfacht ist.

Automatisierte Reinigungssysteme für die ganze Spritze bleiben weiterhin auf dem Vormarsch und unterstützen den Praktiker dabei, Rüstzeiten, wie Reinigen von Filtern, Schläuchen etc., während der Spritzsaison zu vermeiden. Auch integrierte Intensivreinigungssysteme ermöglichen mittlerweile, den „Hochdruckreiniger-Einsatz“ für hartnäckige Rückstände im Spritzenfass im Feld durchzuführen. Sie leisten neben dem Nutzen für den Landwirt auch einen entscheidenden Beitrag zur Vermeidung von Punkteinträgen.

Welche Düse ist die Beste?

Unter den heutigen Bedingungen wird man feststellen, dass im Bereich der Abdrift reduzierten Düsen so gut wie alle Hersteller Düsentypen anbieten, die sowohl im Bereich der kompakten Injektordüsen wie auch bei den langen Injektordüsen anzusiedeln sind. Hierbei kann der Praktiker nun aus einem breiten Angebot JKI-anerkannter, abdriftreduzierter Düsen auswählen. Aufpassen sollte man jedoch weiterhin, dass man nicht nur in Sachen Abdriftreduzierung optimiert und die biologische Wirkung dabei vergisst. Dies ist vor allem auch zu beachten, wenn man an die immer stärker reduzierten Wassermengen oder die steigenden Fahrgeschwindigkeiten denkt. Hauptziel sollte doch sein, die Anwendungsqualität durch eine ausreichende Benetzung und bei Bedarf mit einer ausreichenden Bestandsdurchdringung abzusichern. Ob es nun die „klassische“ Flachstrahl- oder Doppelflachstrahl-Injektordüse sein soll, bleibt dem Einsatzbereich und den äußeren Bedingungen geschuldet. Gerade im Doppelflachstrahldüsenbereich legen Hersteller auch Wert auf eine einfache Demontage mit Schutzhandschuhen im Feld, um ggfls. Verstopfungen leicht und anwenderfreundlich zu beheben. Aus heutiger Sicht gibt es für den Landwirt eigentlich nur den Griff zur Injektordüse, die die biologische Wirksamkeit sichert und somit einen guten Ertrag garantiert, aber auch gleichzeitig die Lösung für die meisten umweltrelevanten Auflagen darstellt. 

Quelle: DLG