4. Januar 2018, 16:28
Harald Welscher, Geschäftsführer Deutschland des international agierenden Großwaagenbauers Pfister Waagen Bilanciai GmbH, im Gespräch mit Caroline Reese, Lectura Press, über die Landwirtschaft, Konkurrenz aus dem Ausland und Vorteile und Herausforderungen der Digitalisierung. Seit 2002 gehört die Pfister Waagen GmbH zu der international tätigen Wägetechnikgruppe Società Cooperativa Bilanciai aus Italien.
Herr Welscher, die Landwirtschaft technisiert sich immer mehr. Wie können Hersteller darauf reagieren, und was bedeutet das für die Betriebe?
Ich sehe hier den ersten Schub nach der Ost-West-Zusammenführung. Die Feldgrößen im Osten überstiegen weit die Größen, die es in Westdeutschland bis dato gab. Hier wurden damals neue Systeme entwickelt, um diese Größen bewältigen zu können. Eine riesige Herausforderung für die Landwirte, aber auch für Betreiber von Biogasanlagen. Die Technologisierung verlangt dem mittelständischen Unternehmen oder kleinen Familienbetrieb enorm viel ab. Wir haben gelernt daraus unseren Vorteil zu ziehen.
Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
Meiner Meinung nach hängen die immensen Fortschritte der letzten Jahre vor allem damit zusammen, dass die Betriebe und Unternehmen eben diese mittelständische Größe in der Regel nicht überschreiten. So besteht ein viel persönlicherer Anspruch, das Familienunternehmen so effizient wie möglich und so konkurrenzfähig wie nötig zu machen. Die relative Planungssicherheit der Branche spielt zudem eine Rolle. Es gab in den vergangenen Jahren zudem eine Veränderung der Stoffflüsse, die etwas mit effizienter und günstiger Arbeit zusammenhängen. So holen Beispielsweise Biogasanlagen Betreiber, die an der deutsch-tschechischen Grenze sitzen, ihre Biomasse aus Tschechien, weil sie dort schlichtweg günstiger ist.
Als Lösung für solche Herausforderungen muss die Digitalisierung der Branche gesehen werden. Es stellt eine ungemeine Arbeitserleichterung für den Landwirt dar, wenn sein Häcksler beispielsweise mit der Waage kommunizieren kann. Fragen wie: Was hat der Lohnunternehmer für mich eingefahren? Was habe ich für Tagesergebnisse? Können mit diesen neuen Techniken innerhalb von Minuten beantwortet werden. Datenaustausch und Vernetzung mit Partnern, das muss die Branche heute einfach leisten. Solche Lösungen haben wir in der Landwirtschaft bereits vor einigen Jahren eingeführt, und sie finden erst langsam den Weg in die restliche Industrie. Bei der Landwirtschaft handelt es sich um eine sehr fortschrittliche und bodenständige Branche.
Wo sehen Sie die Unterschiede zu anderen Branchen?
Wie gesagt, die Branche ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen. Man findet hier dementsprechend schnelle Entscheidungswege. Der Bauer ist schlau und setzt auf Qualität und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Er kauft nur, wenn er wirklich etwas braucht. Auch die Technisierung ist etwas, das seit einigen Jahren sehr wichtig geworden ist. Wir sind beispielsweise ein Hersteller, der bei seinen Waagen sogenannte Digitalwägezellen verbaut, wobei sich ein Messwert bereits in der Wägezelle bilden kann. Die Wägezelle ist unempfindlich gegen Nagetier-Verbiss betrifft. Hierdurch steigt jedoch auch der Preis.
Stellen Sie sich nun folgendes Szenario vor: Der Landwirt benötigt eine neue Waage und achtet traditionell vordergründig auf den Preis. Hier bieten wir ihm die günstigere Version ohne Wägezellen an. Interessant ist nun, das alle Landwirte im Endeffekt die etwas teurere Option wählen, weil sie auf die Technisierung und damit einhergehende Arbeitserleichterung nicht verzichten möchten.
Ganz wichtig ist in dieser Branche auch der Service. Wir haben hierfür ein Servicenetz in ganz Deutschland errichtet, dass die Kunden jederzeit mit eigenen Technikern unterstützen kann.
Wie schafft Pfister Waagen Bilanciai, sich bis heute gegen günstigere Anbieter aus dem Ausland durchzusetzen?
Wir haben durch unser 150-jähriges Bestehen einen Vorteil dadurch, dass wir uns an den Märkten und innerhalb der unterschiedlichen Branchen sehr gut auskennen. Wir sind nah beim Kunden, arbeiten mit ihm zusammen und hören darauf, was er wirklich braucht. Vor Konkurrenz aus dem Ausland haben wir da wenig Angst. Es gab durchaus Versuche mit günstigeren Waagen aus dem Ausland uns Konkurrenz zu machen, diese Versuche sind jedoch alle gescheitert.
Das hängt zum einen mit dem Produkt zusammen. Unsere Waagen schützen ihr Eigengewicht. Ein Import aus anderen Ländern lohnt sich in den meisten Fällen zum Glück nicht. Bei den Komponenten gibt es allerdings sehr viele Wettbewerber.
Als 100% Tochtergesellschaft eines italienischen Unternehmens produzieren wir alle Bestandteile unserer Waagen entweder in Deutschland oder Italien. Zudem ist Pfister Waagen eine Kooperativa, wo jeder Mitarbeiter einen persönlichen Anspruch hat, so effizient wie möglich zu arbeiten. Günstigere Konkurrenz ist meiner Meinung nach nicht relevant, wenn man sich als Unternehmen rechtzeitig am Markt bewegt. All unsere Produkte sind zudem eichfähig. Wir produzieren nach dem deutschen Eichgesetz.
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Quelle: LECTURA GmbH Verlag