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Baumaschinen unter der Glaskugel - Wie Fernwartung und Datenanalyse eine neue Ära im Service einläuten

Soeben meldet sich der Servicemonteur von der Baustelle beim Kunden: „Alles wieder im grünen Bereich: Ihre Baumaschine haben wir soeben in Ordnung gebracht.“ Der Kunde ist verblüfft: „War denn überhaupt etwas kaputt?“ Die Reaktion des Monteurs: „Noch war nichts defekt. Wir konnten einen kapitalen Schaden gerade rechtzeitig verhindern, der sich angekündigt hatte. Bei uns werden Maschinendaten ausgelesen und es tauchte ein Druckleck bei der Kraftstoff-Verteilerleiste auf. Dieser machte sich in einem niedrigen Kraftstoffdruck bemerkbar. Das ist ein ernst zu nehmender Hinweis. Wird dies nicht behoben, kann dies zu einem Leistungsabfall bis zum Totalausfall der Maschine führen.“ Szenen wie diese werden in Kürze sich häufiger abspielen – dank intelligenter Datenanalysen machen Baumaschinen rechtzeitig auf Störungen aufmerksam, bevor diese mit kostspieligen Folgen zu Buche schlagen. Die Zukunft im Baumaschinenservice heißt Fernwartung.

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Firmen aller Branchen arbeiten heute mit Hochdruck daran, künftig ihre Maschinen, Lagersysteme und Betriebsmittel durch digitale Systeme weltweit zu vernetzen. Durch den permanenten Informationsaustausch rund um die Uhr und den Globus werden vernetzte Maschinen in der Lage sein, sich selbstständig zu steuern, effizienter zu arbeiten und Fehler schnell zu erkennen. Die Überwachung und Analyse technischer Prozesse erlebt gegenwärtig einen Aufschwung und gilt als eine der wichtigsten Entwicklungen, mit denen sich Unternehmen, allen voran der Maschinenbau, derzeit beschäftigen. Unter dem Schlagwort Industrie 4.0 steht eine neue Ära bevor, die in einem Atemzug mit der vierten industriellen Revolution genannt wird – nach der Dampfmaschine, Massenproduktion und Automation.

Der digitale Wandel verändert zunehmend die Art und Weise, wie Unternehmen Baumaschinen aus der Ferne warten. Gab früher eine Baumaschine ihren Geist auf und der Fahrer oder der Monteur vor Ort wussten nicht mehr weiter, wurde es richtig teuer. Denn ein Service-Spezialist musste anreisen und die Fehlerdiagnose übernehmen. Mithilfe seines Laptops konnte er Fehler auslesen und die Leistungsdaten einer Baumaschine erfassen. Dann das benötigte Ersatzteil bestellen und die Reparatur einläuten. Dabei ging oft wertvolle Zeit verloren, weil das Ersatzteil nicht so schnell zur Hand war. Die Konsequenz: Baumaschine und im schlimmsten Fall die Baustelle standen. Mancher Termin konnte mitunter nicht gehalten werden.

Was bedeutet das, wenn heute ein Fehler auftritt? 2014 sind Baumaschinen miteinander vernetzt. Ihre Daten, wie Fehlerzustände, Service-Intervalle oder Leistungskennzahlen sowie GPS-Standortinformationen, werden in regelmäßigen Abständen auf ein Internetportal übertragen. Der Kundendienst loggt sich ein, schaut sich die Daten an und leitet daraus entsprechende Maßnahmen ab.

Doch es geht um mehr als eine reine Fehlerdiagnose. Vorausschauende Fernkontrolle und proaktive Wartung sollen dazu beitragen, ungeplante Ausfälle ganz zu vermeiden beziehungsweise etwaige Störungen vorherzusehen. Damit es erst gar nicht zu einem Maschinenstillstand kommt. Fällt etwa eine Baumaschine gleich für längere Zeit aus, kann es richtig kostspielig werden. Schließlich kann heute niemand mehr auf die Einsatzbereitschaft seines Fuhrparks verzichten. Dabei reichen oft ein paar Daten aus, um zu erkennen, ob beispielsweise in Kürze eine Baumaschine wegen eines Schadens steht und fatalerweise durch den Stillstand Geld verbrannt wird. Vorausgesetzt, Maschinendaten werden ausgelesen. Dafür braucht es keine Mitarbeiter mit hellseherischen Fähigkeiten, sondern solche, die den enormen Datenfluss filtern, analysieren und richtig interpretieren.

Bei Caterpillar und Zeppelin beispielsweise laufen die unterschiedlichsten Informationen aus den verschiedensten Quellen für eine Zustandsdiagnose seit 2013 unter dem in der Industrie gängigen Standard Condition Monitoring zusammen. Condition Monitoring ist der Schlüssel zur Kosteneffizienz, mit dessen Hilfe der Stillstand von Baumaschinen auf ein notwendiges Minimum reduziert werden soll. Instandhaltungsmaßnahmen sollen dadurch planbar und Abnutzungsreserven von Verschleißteilen besser genutzt werden. Condition Monitoring bündelt dabei verschiedenste Informationen, die über ein speziell eingerichtetes Onlineportal rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Daten, die genutzt werden, um den Zustand einer Baumaschine zu beurteilen, werden aus der Analyse der Flüssigkeiten, wie Hydraulik- und Motoröl sowie Kühlmittel, gezogen. Sie werden aber auch aus Product Link, dem Tool zur Fernüberwachung, und Vision Link, der Flottenmanagementlösung, ausgewertet. Betrachtet werden Daten, wie die Betriebsstunden von Baumaschinen, deren Einsatzort sowie Leerlaufzeiten, Kraftstoffverbrauch und aktuelle Fehlermeldungen, um nur einige zu nennen. Außerdem fließen weitere Daten der Maschine ein, die bei Inspektionen oder bei der Diagnosemeldung von Schäden gesammelt wurden und welche Maßnahmen bislang dazu beitrugen, den Lebenszyklus einer Maschine zu verlängern. Dabei gehören Servicevereinbarungen genauso in die Auswertung wie alle bislang ausgeführten Reparaturen. Denn nur so lässt sich ein möglichst objektives Gesamtbild generieren, das hilft, dauerhaft weitere Kosteneinsparungen zu erzielen und die Produktivität auf ein Maximum zu steigern, damit der gesamte Lebenszyklus einer Baumaschine samt der Möglichkeiten des Flottenmanagements ausgeschöpft werden.

Bei Betriebsstörungen, die der Fahrer unter Umständen noch gar nicht bemerkt hat, schlägt das System mit einer detaillierten Fehlermeldung Alarm, die per SMS an verschiedene Empfänger versendet werden kann. In Absprache mit den Kunden und den Mitarbeitern der Fachabteilungen sowie Niederlassungen wird aus den Daten eine Handlungsempfehlung für den Kunden abgeleitet, die ihm vorgestellt wird. So kann der Service bereits eingreifen, bevor der Maschinenschaden in vollem Umfang auftritt. Feste Stammfahrer von Baumaschinen, die jahrelang tagtäglich mit ihrem Gerät arbeiten und ihren Arbeitsplatz aus dem Effeff kennen, bemerken in der Regel auffällige Störgeräusche und wenn etwas nicht stimmt. Doch sobald das Problem tiefer steckt und nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, wurden auch sie in der Vergangenheit überrascht, wenn plötzlich der Bagger oder Radlader streikte.

Darum erprobt die Industrie fieberhaft schon seit einiger Zeit andere Methoden in der Instandhaltung, die unter dem Stichwort „Predictive Maintenance“ die Wartung von Maschinen und Anlagen komplett umkrempeln werden. Dabei werden die Wahrscheinlichkeiten von Defekten ermittelt – ähnlich wie es Banken und Versicherungen längst machen, um Abweichungen anhand mathematischer Vorhersagemodelle festzustellen und um so Kreditkartenrisiken oder illegale Finanztransaktionen zu erfassen. So wie der Handel bereits Trendverschiebungen prophezeit, so sollen Analysen zur Vorhersage auch bei der Wartung von Systemen und Anlagen zum Einsatz kommen. Die verwendeten Verfahren stützen sich auf die IT. Ihre Intention: Technische Mängel im Vorfeld aufzuspüren und aus veränderten Messgrößen Trends abzuleiten, lange bevor die periodisch fälligen Wartungen anstehen und somit die Reparaturkosten sowie teure Stillstandzeiten zu reduzieren. Dank „Predictive Maintenance“ wissen Unternehmen deutlich früher, welche Bauteile wann ermüden und ausgewechselt werden sollten. Damit lässt sich der Zeitpunkt der Instandsetzung gezielt planen, die Wartung vorbereiten und auf den Betrieb sowie Baustelleneinsatz abstimmen. Das Grundprinzip, das zugrunde liegt: Sensoren zeichnen Schwingungen von verschleißintensiven Bauteilen auf und stellen sie in Relation mit bekannten Algorithmen. Doch nur, wenn diese Daten dann schnellstmöglich analysiert werden, sind sie letztlich von Nutzen für die Wartungsprozesse. Dabei geht es darum, die verschiedensten Daten zusammenzubringen und entsprechende Algorithmen anzuwenden. So erhält man Informationen, wann der perfekte Zeitpunkt für den Wechsel eines bestimmten Bauteils gekommen ist, beruhend auf Erfahrung und gesicherten Daten aus der Vergangenheit, die eine Störung wahrscheinlich machen.

Was bedeutet das nun für den Betreiber von Maschinen und Anlagen konkret? Er kann durch eine proaktive Instandhaltung von deutlichen Kostenvorteilen profitieren. Zum einen, weil sich die Betriebsstunden bis zur nächsten erforderlichen Wartung erhöhen. Zum anderen, weil er seine Komponente rechtzeitig tauscht und Folgeschäden infolge unerkannter Verschleißsituationen umgeht. Während eine abgenutzte Komponente meist mit wenig Aufwand ersetzbar ist, fallen die Kosten für daraus resultierende Folgen oftmals unverhältnismäßig hoch aus. Darüber hinaus muss auch kein umfassendes Ersatzteillager bevorratet werden. Denn sobald das System den baldigen Austausch eines Ersatzteils empfiehlt, kann es bestellt werden und ist somit rechtzeitig an Ort und Stelle. Notwendige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten inklusive der dazu benötigten Ersatzteile und Komponenten lassen sich vorausschauend planen. Gleichzeitig verringert sich das Risiko eines Maschinen- oder Anlagenausfalls. Und für den Hersteller sinkt das Risiko, dass Garantieleistungen notwendig werden.

Condition Monitoring ist der Schlüssel zur Kosteneffizienz, mit dessen Hilfe der Stillstand von Baumaschinen von Zeppelin und Caterpillar auf ein notwendiges Minimum reduziert werden soll. Ausfallursachen werden frühzeitig erkannt, Instandhaltungsmaßnahmen sollen dadurch planbar und Abnutzungsreserven von Verschleißteilen besser genutzt werden.

Quelle: Foto: Caterpillar/Zeppelin