4. Juli 2016, 13:36
Sanierungsprogramm soll TNT Innight retten
Nach der Übernahme des Geschäftsbetriebs der TNT Innight GmbH & Co. KG durch die Innight Express GmbH startet das neue Management mit einem Sanierungs- und Konsolidierungsprogramm. Anders als sonst üblich, wird man zunächst nicht über Arbeitsplatzabbau das Unternehmen verschlanken, um es so rentabler machen. Die Analyse zeigt einen anderen Weg auf: Mangelnde Servicequalität glaubt das neue Management als Ursache für fortgesetzte Verluste auszumachen. Durch Einsatz von Zeitarbeitern und das Outsourcen von Kundenservices (z.B. in Callcenter) hatte man in der Vergangenheit versucht, die Kosten auf der operativen Ebene zu reduzieren. Georg Kierdorf, neuer CEO und Mitinvestor: „Erfolgreiche Dienstleistung lebt von der Fokussierung auf den Kunden. Hier ist der Hebel zum Erfolg.“
In der Konsequenz bedeutet dies: Die Callcenter werden geschlossen und den Telefonservice übernehmen eigene Mitarbeiter. Auf Zeitarbeiter wird verzichtet, stattdessen setzt man auf erfahrene Mitarbeiter mit Branchenkenntnissen in der Servicelinie. Konkret: Angestellte Mitarbeiter sollen möglichst alle ihren Arbeitsplatz behalten. Ausgetauscht wurde allerdings das komplette Management, das Kierdorf für die Fehlentwicklungen verantwortlich macht.
Das Ziel aller Maßnahmen lautet: Rückgewinnung von Kunden und damit eine Konsolidierung des Unternehmens. Gleichzeitig glauben die Investoren, dass ihre spezialisierte Logistikleistung hohe Entwicklungspotenziale besitzt. Folglich will man neue Geschäftsfelder und Services anbieten, die mit der Struktur und dem Netzwerk eines Express-Dienstes kompatibel sind.
Weil Nacht-Express-Fahrer keine Massengüter bewegen, jeder Kunde einzeln angefahren wird und dessen Anforderungen und Profil bekannt sind, könnten ganz neue Services entwickelt werden. Ein Beispiel: Wenn Außendienstmonteuren über Nacht die erforderlichen Ersatzteile für den nächsten Tag in den Kofferraum gelegt werden, müssen diese zum Arbeitsbeginn nicht mehr das regionale Ersatzteillager anfahren. Gleichzeitig kann der Hol- und Bringservice schmutzige gegen gereinigte Arbeitskleidung austauschen. „Da sind Wertschöpfungspotenziale, die früher für unsere Kunden ungenutzt waren, und die wir für sie heben müssen“, erläutert Georg Kierdorf.
Als Vorteil sehen die Investoren den Umstand, dass sie mit Georg und Joachim Kierdorf, zwei ausgewiesene Branchenkenner an Bord haben. Zusammen mit der Familie hatten sie in den 80er und 90er Jahren das erfolgreiche Nacht-Express-Unternehmen NVS Kierdorf GmbH aufgebaut und lange Zeit geführt. Ironie des Schicksals: Nach dem Verkauf des Familienunternehmens Ende der 90er Jahre fand sich dieses im Jahr 2000 im Portfolio von TNT wieder. Insofern sanieren sie heute zu Teilen ihr ehemaliges Unternehmen.
Bei einem Umsatz von 290 Millionen Euro hatte TNT Innight in den letzten Jahren hohe Verluste angesammelt. Mit dem Investment der Innight Express GmbH hat das Unternehmen den finanziellen Spielraum und die Zeit, die Sanierung durchzuführen. Kierdorf: „Das gelingt nicht kurzfristig, aber es gelingt. Wir haben unseren Planungen ein Fenster von sieben Jahren hinterlegt.“