17. Juli 2015, 14:20
Bei der Gerste sind die Landwirte mit einem blauen Auge davongekommen. Beim Weizen hingegen müssen sie abwarten, wie er den „Sonnenbrand“ des Rekordhitze-Wochenendes verkraftet hat. Dieses erste Fazit ziehen die AGRAVIS-Fachleute aus Ost- und Westdeutschland.
Im Arbeitsgebiet von Rainer Widdel, Geschäftsführer der AGRAVIS Niedersachsen-Süd GmbH , hatten die Landwirte die Gerstenernte wegen des Regens unterbrochen. „Bis Samstag haben wir geerntet. Gut ein Drittel der Getreidemenge ist drin“, erklärt Widdel. „Der Ertrag ist heterogen, ich bin aber positiv überrascht. Wir haben mit weniger gerechnet.“
Im Vergleich zum Spitzenjahr 2014 erwartet Widdel diesmal „etwas weniger als die normale Durchschnittsernte“. Das Problem war die Trockenheit im Frühling. Jetzt benötigen die Landwirte in Niedersachsen ein paar trockene Tage, dann ist die Gerste abgeerntet. Der Wetterbericht ab Donnerstag dieser Woche macht ihnen durchaus Hoffnung. Auch der Weizen benötigt noch besseres Wetter: „Er reift aber jetzt sehr stark ab.“
In Ostwestfalen hinken die Landwirte mit der Gerste noch etwas hinterher – nicht ungewöhnlich, wie Daniel Dreker, Logistik und Handel der AGRAVIS Kornhaus Ostwestfalen GmbH , erklärt: „Wir sind immer ein, zwei Wochen dran später als die anderen. Vereinzelt haben einige angefangen zu ernten, es ist aber noch zu wenig um zu sagen, wie die Qualität sein wird. Wir haben bisher maximal fünf Prozent runter.“ Auch er blickt Richtung Wochenende: „Wenn es wärmer wird, dann starten wir vielleicht in einer Woche richtig durch. Wir fangen in der Regel immer eine Woche später mit der Ernte als in anderen Regionen an“, erklärt Dreker.
Im südlichen Westfalen hat man bis vergangenen Samstag gut die Hälfte der Wintergerste gedroschen. „Bislang haben wir ein gutes Ergebnis. Das Gros der Landwirte hat gute Erträge“, freut sich Dietrich Wünnemann, Produktionsberater der AGRAVIS Westfalen-Süd GmbH . Er konkretisiert: „Die Gerstenernte wird sicher 10 bis 15 Prozent besser als im vergangenen Jahr. Dabei haben wir noch so gejammert, als es im Frühjahr zu trocken war!“ Auch in Westfalen-Süd hat die Gerste die Hitzeperiode gut verkraftet: „Wenn jetzt das Wetter wieder besser wird, dann ist in zwei, drei Tagen die Gerste weg.“
Anders ist die Situation beim Weizen: „Da sieht es sehr schlecht aus“, meint Wünnemann: „Die Temperaturen um die 40 Grad haben dem Weizen wehgetan. Einige Stücke, die nicht so gut in Schuss waren, hat es sehr mitgenommen. Hier rechne ich mit Ertragseinbußen.“
In Brandenburg, Sachsen und Berlin waren die Landwirte in den vergangenen Tagen, bevor es anfing zu regnen, ebenfalls fleißig. „Bei uns sind zwei Drittel der Gerste geerntet“, erklärt Jens Zillmann, Geschäftsführer der FGL Fürstenwalder Futtermittel-Getreide Landhandel GmbH . Nach seiner Information sind die Landwirte relativ zufrieden mit den Erträgen: „An die Rekord-Ernten von 2014 und 2013 reichen wir natürlich nicht heran. Ich würde sagen, es wird eine Durchschnittsernte.“ Das letzte Drittel soll auch hier im Laufe dieser Woche abgeerntet werden.
Wie seinen Kollegen aus Nord- und Westdeutschland schwant allerdings auch Zillmann für kommende Ernten nichts Gutes: „Beim Raps und beim Weizen kommt, fürchte ich, die Ernüchterung. Die spüren die Riesen-Defizite bei den Niederschlägen.“