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Explosive Aufgabe - Volvo EC300DNL

Gefühlvoll kratzt der Bagger mit seinem schwenkbaren Räumlöffel über das Erdreich. Kaum mehr als 20 Zentimeter des durchnässten Lehmbodens zieht er dabei ab. Zwei Männer in weißen Schutzoveralls stehen mit Spaten und Sonde bewaffnet daneben und beobachten akribisch den Fortschritt. Im Auftrag der Seehafen Kiel GmbH sucht die Gesellschaft für Kampfmittelbeseitigung (GFKB) aus Mecklenburg-Vorpommern nach versprengter Munition und durchkämmt dafür ein rund sechs Hektar großes Areal. Dafür müssen die Bagger schichtweise bis zu drei Meter Boden abtragen – ohne das passende Equipment wie den speziell ausgerüsteten Volvo EC210C kaum zu schaffen.

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„Der Bombenhorizont auf der zu bearbeitenden Fläche des Seehafen Kiel liegt bei fünf bis sechs Meter. Durch Auffüllungen bis drei Meter nach dem Krieg kommen teilweise bis neun Meter Tiefe zustande, in der wir suchen müssen“, erklärt Jens Warnke, ausgebildeter Feuerwerker bei der GFKB und Räumstellenleiter für das Kieler Projekt. Um die Munition aus den beiden Weltkriegen aufzuspüren, baggert die GFKB nicht einfach drauflos, sondern geht extrem systematisch vor. Erst wird vorsondiert. Der Metalldetektor in der Hand des Sondierers reicht bis 20 Zentimeter ins Erdreich. Die trägt der Bagger nach erfolgloser Suche dann ab, bevor Helfer und Sondierer erneut in der nächsten Bodenschicht zu Werke gehen. Um tieferliegende, großkalibrige Munition mit den eingesetzten Differenzfeld-Magnetometern sicher zu orten, ist eine Bohrlochsondierung unverzichtbar. 40 bis 50 Bohrungen am Tag schafft ein Dreierteam aus Feuerwerker, Maschinist und Helfer. 17.000 solcher Bohrungen bis sieben Meter Tiefe und mit 1,5 bis 2,0 Meter Abstand hat die GFKB mit ihren Volvo-Baggern im Kieler Seehafen bereits vorgenommen und dabei rund drei Viertel des Geländes von Munition befreit.

Gefährliche Kleinteile

„Im Krieg bombardierten die Alliierten hier den U-Boot-Bunker, das Munitionsdepot und die Kraftwerksanlagen. Nach Kriegsende wurde viel Munition in Bombentrichter geworfen und dann einfach zugeschüttet. Wir finden daher sehr viel Kleinmunition mit Kaliberdurchmesser von 2 bis 15 Zentimetern, die in der Handhabung gefährlicher sein kann als Brand- oder größere Sprengbomben“, sagt GFKB-Geschäftsführer Sebastian Dosdall, der das Geschäft zusammen mit seinem Vater Hans-Joachim als Familienbetrieb betreibt. Die geborgenen Kleinstmengen an Munition wandern in ein gesichertes Tageslager nahe der Baustelle, wo sie der Räumdienst des Landeskriminalamtes von Schleswig-Holstein abholt und dann unschädlich macht.

Um die Maschinisten bei dem nicht ganz ungefährlichen Kampfmittelräumeinsatz bestmöglich zu schützen, verfügen die vier Raupenbagger des Typs EC210C und EC220C sowie der Mobilbagger EW180C über umfangreiche Sicherheitseinrichtungen. Dazu zählen eine verstärkte Bodenplatte unter der Kabine, Panzerglas an der Front und eine Schutzbelüftungsanlage, die im Ernstfall giftige Stoffe aus der Kabine fern hält. Genauso hohe Sicherheitsstandards herrschen im Maschinenpark der Unternehmensgruppe Peter Glindemann. Das Bau-, Abriss- und Entsorgungsunternehmen sitzt südlich von Kiel in Grevenkrug, betreibt mehrere Standorte mit Kieswerken, Recyclinganlagen sowie Containerdiensten und hat vom Seehafen Kiel, zusammen mit seinen ARGE-Seehafenpartnern, der Firma Heinrich Karstens aus Kiel und der Firma Norbert Szupryczynski aus Schwentinental-Raisdorf bei Kiel, den Auftrag für den Abriss des Kraftwerks samt komplettem Bodenmanagement und Oberflächenherstellung erhalten. Dafür sind auf der Großbaustelle neben den Raupenbaggern auch mehrere Radlader und Dumper von Volvo im Einsatz.

„Für solche Spezialeinsätze haben wir unsere EC300 und EC380 speziell für den Bombenschutz technisch ausgestattet. Damit haben wir zurzeit die sichersten Bagger in diesem Bereich“, sagt Claus Lille, Technischer Betriebsleiter bei Glindemann. 2014 lieferte Volvo-Partner Swecon in Hamburg einenEC300DNL an Glindemann. Der kam per Schiff aus dem koreanischen Volvo-Werk und wanderte für die spezielle Wunschausstattung des Kunden gleich noch einmal nach Schweden, wo die CEDE Gruppe in Malmö den Sonderbau für Volvo übernahm.

Ein Hochsicherheitsbagger entsteht

Das fing beim Panzerglas für die Frontscheibe der Kabine an, die nun der Beschussklasse BR6NS nach DIN EN 1063 entspricht. Sämtliche Seitenscheiben erreichen die Beschussklasse P8B, was so viel heißt wie durchbruchsicher bei mehr als 70 Schlägen und weitgehend widerstandsfähig gegen Bohrmaschine, Stichsäge oder Winkelschleifer. Dadurch wird es auch automatisch Dieben und Vandalen schwer gemacht. Zudem verwandelten die Schweden das Heckfenster in einen Notausstieg, da sich nun keine Scheibe mehr mit einem Nothammer einschlagen lässt. Zusätzlich wurden zehn Millimeter starke Stahlplatten in Sandwichbauweise unter der Kabine platziert, wodurch der Fahrer auch aus dieser Richtung bestens geschützt ist.

„Eine Kombination aus Sicherheitskabine mit Panzerglas und Abbruchgitter vor der Frontscheibe sowie ein Dachfenster aus Sicherheitsglas gibt es nicht ab Werk. Das ist ein spezielles Glindemann-Paket“, versichert der Maschinenbaumeister und Schweißfachmann Claus Lille. Mit der Flexibilität und der Unterstützung seitens Volvo ist der 56-Jährige sehr zufrieden. Swecon-Verkäufer Rolf-Dieter Rathmann hat sich zusammen mit dem Hamburger Team mächtig ins Zeug gelegt und sämtliche Wünsche erfüllt, die auf Papier gebracht am Ende einen kompletten Leitz-Ordner füllten. Dazu gehört auch die Schutzbelüftungsanlage Westermann F200 auf dem Dach der Bagger, die Swecon selbst installiert hat. Diese speziellen Bombenschutzbagger kommen im Abbruch und bei Erdarbeiten im Großraum Kiel regelmäßig zum Einsatz, da hier aufgrund des starken Bombardements zu Kriegszeiten fast immer Blindgänger und Restmunition zu finden sind. Außerdem hat Volvo die 300er-Raupenbagger für Abbrucheinsätze mit Schutzplatten an Ausleger-, Stiel- und Löffelzylinder, HD-Laufwerk- und HD-Drehkranzschutz sowie Umkehrlüfter gegen den Staub ausgerüstet. Die Proportionalsteuerung garantiert feinfühliges Arbeiten. Eine Vollhydraulik mit dem Schnellwechselsystem Oil-Quick OQ80 erlaubt den Anbau unterschiedlichster Werkzeuge und einen schnellen Wechsel.

Mammutprojekt am Kieler Seehafen

Im Kieler Seehafen, wo unter anderem auch fast alle der Volvo-Baumaschinen für den deutschen Markt umgeschlagen werden, soll eine große gepflasterte Lager-, Umschlag- und Parkfläche für Autos und Busse entstehen, damit selbst die größten Kreuzfahrschiffe hier anlanden und bedient werden können. Dafür müssen Landstrom-, Frisch- und Abwasserleitungen ins Erdreich verlegt werden. Das geht nur, wenn vorher alle alten Gebäude samt Fundamenten abgerissen und sämtliche Kampfmittel im Boden geborgen sind.

Der dabei zu bewegende Bauschutt und die unvorstellbar große Menge an Erdreich konnte Glindemann unmöglich komplett abtransportieren. Deshalb hat das Unternehmen ganze Brecher- und Siebanlagen auf dem Gelände aufgestellt. Das abgetragene Material wird darin vor Ort aufbereitet, zwischengelagert und wieder zur Auffüllung genutzt. Hierfür kommt ein Mobilbagger EW160D mit hydraulisch hochfahrbarer Kabine, Vollgummibereifung und selbstverständlich mit Schutzbelüftungsanlage zum Einsatz. Für den Transport hat Glindemann zwei Volvo-Dumper A40D für gut 22 Kubikmeter Ladevolumen und 37 Tonnen Nutzlast mit nach Kiel gebracht. Die Beladung mit Abraum übernehmen zwei Volvo-Radlader des Typs L150E und L180F mit maximal je fünf beziehungsweise vier Kubikmetern Schaufelinhalt.

Quelle: Swecon