3. Juli 2014, 00:00
Herr Ács lehnt sich zurück und verschränkt die Arme. Bescheiden aber auch stolz berichtet er dem Besuch aus Deutschland, wie er sein Unternehmen in den vergangenen 25 Jahren geformt hat. Die entspannte Haltung täuscht - der Siebzigjährige steckt voller Tatendrang, er ist Logistiker aus Leidenschaft.
Vilmos Ács ist Inhaber der INTERTRANSCOOP Internationale Spedition und Handelsgesellschaft mbH mit Sitz in Győr, der sechstgrößten Stadt Ungarns, etwas über 100 Kilometer westlich von Budapest. Győr hat sich zu einem der bedeutendsten Industriestandorte des Landes entwickelt, seit 1989 die Gründung privater Firmen in Ungarn gestattet wurde. Damals sollte Vilmos Ács an der Privatisierung seines Arbeitgebers, einer großen staatlichen Transportgesellschaft, mitarbeiten. Doch er entschloss sich, mit einem kleinen Fuhrpark sein eigenes Geschäft zu starten: „Ich war ein Spion mit offenen Augen. Ich habe die westlichen Systeme kopiert.“
Tatsächlich entdeckt der Privatisierungspionier früh die Wachstumsbranche Logistik für sich und trifft Entscheidungen, die sein Umfeld verwundern. Ács investiert in ein relativ teures Grundstück, auf dem er ein erstes Lagerhaus baut. Heute ist Audi sein direkter Nachbar - mit bester Straßen- und Schienenanbindung und mit einer Brücke hinüber zum neuen großen Industriepark von Győr. „Ich wollte dieses Grundstück, aber die Banken und der Staat wollten uns nicht unterstützen“, sagt Ács. „Logistik war Mitte der Neunzigerjahre in Ungarn kaum bekannt. Mit eigenem Kapital haben wir uns ein zweites Standbein geschaffen und uns vom klassischen Transportgewerbe immer weiter entfernt. Heute sind wir eine stabile ungarische Familienfirma. Wer die Lagerfläche hat, kontrolliert den Transport. Wir verfügen aktuell über circa 20000 Quadratmeter.
Seit über zwei Jahrzehnten arbeitet INTERTRANSCOOP für Audi. Zuerst just in time, dann just in sequence: „Bis heute haben wir keine Minute Stillstand an den Audi-Bändern verursacht.“ Erfahrung und guter Ruf sprechen sich herum, und so klopft 2012 der Geschäftsführer des Logistikriesen PANOPA bei Vilmos Ács an. PANOPA plant in der Nähe des neuen Audi-Werks Győr ein sogenanntes Logistikoptimierungszentrum mit 60000 Quadratmetern Lagerfläche. Den Transport zwischen PANOPA und Audi soll INTERTRANSCOOP übernehmen. Extra für diesen Auftrag schafft Ács sechs Sattelzüge an - mit Scania Trucks und Mega-Gardinenaufliegern von Fliegl. Die Trailer lässt er mit Planenzentralverschluss, dem Fliegl Quick Lock System, ausrüsten, um die strengen Zeitvorgaben des Autobauers zuverlässig erfüllen zu können. So darf etwa das Öffnen der Plane nicht länger als 90 Sekunden dauern. Das Quick Lock Prinzip: Unter der Ladefläche ist eine mit Haken versehene Welle montiert. Die Schlaufen der Planenverschlüsse werden einfach in die Haken eingehängt, anschließend wird die Welle mittels eines zentral in der Fahrzeugmitte angebrachten Hebels gedreht, die Haken ziehen die Schlaufen nach unten, die Plane wird gespannt. Vor dem Entladen können alle Verschlüsse ebenfalls mit nur einem Handgriff geöffnet werden, indem die Welle in die entgegengesetzte Richtung gedreht wird: Alle Verschlüsse fallen aus den Haken, die Plane kann sofort bewegt werden.
Die INTERTRANSCOOP Trailer wurden speziell für die Automobilindustrie konzipiert, in der oft und schnell be- und entladen wird: In die Plane sind vertikale Verstärkungen aus Aluminium eingearbeitet, die horizontale Alulatten ersetzen. So kann der Ladevorgang unmittelbar nach dem Aufschieben der Gardine, dem Anheben des Hubdachs und dem Entfernen von nur zwei Rungen starten. „Die Zeitersparnis pro Zyklus“, sagt Ács, „dürfte bei gut zehn Minuten liegen. Darauf kommt es in der Automobilzuliefererlogistik an. Und obwohl wir ohne Alulatten auskommen, ist die Ladungssicherung hundertprozentig sichergestellt.“
Im Oktober 2013 nehmen die Züge den Betrieb auf, fahren zunächst sechs Runden à sechs Kilometer pro Tag, dann zehn Runden. Zehn Mal Be- und Entladen täglich. Immer exakt nach einem eng getakteten Fahrplan. Nach einem Vierteljahr fragt Vilmos Ács bei PANOPA nach, ob alles reibungslos funktioniert: „Man sagte mir, dass beim Aufbau der Logistik viele Probleme hätten gelöst werden müssen, der Transport aber wäre von Beginn an hundertprozentig gelaufen.“ Selbstverständlich ist das nicht, denn im Automotive-Logistikalltag müssen Nutzfahrzeuge einiges einstecken. Deshalb hat INTERTRANSCOOP auf das mechanische Quick Lock System gesetzt: „Es hat einen starken Hebel und eine starke Welle und vor allem ist es vor dem Gabelstaplerfahrer versteckt.“ Dass Ács auf seinem eigenen Betriebsgelände jedes Tor, jede Tür mit Staplerrammschutz versehen ließ, ist kein Zufall. „Nach einiger Zeit sehen die Autos aus wie nach einem Einsatz im Irak oder in Afghanistan. Als ich die Quick Lock Welle zum ersten Mal sah, dachte ich an einen russischen T34-Panzer.“ Eigentlich, sagt Ács, seien ihm Nutzfahrzeuge nicht so wichtig, aber Quick Lock lockt ihn aus der Reserve: „Ich verwende sehr gerne das modernste Telefon, aber ein guter Anhänger muss physischen Einflüssen standhalten. Da nützt keine High Tech Elektronik, sondern eine gute Idee und eine robuste Mechanik. Pneumatische oder Öldrucksysteme sehen in der Ausstellungshalle bestimmt sehr elegant aus, aber ich habe gehört, dass sie Probleme machen, bei anderen Audi-Dienstleistern sind sie kaputtgegangen. Fliegl ist ein guter Schlosserfachmann, der uns etwas Einfaches aber Praktisches geliefert hat.“
Im Mai 2014 hat Audi das komplette Transportsystem seiner Werkslogistik einer Kontrolle unterzogen und zertifiziert. Demnächst will man die Produktion von zwei auf drei Schichten hochfahren und rund um die Uhr arbeiten. INTERTRANSCOOP stellt sich darauf mit einem siebten Sattelzug ein - wieder mit Quick Lock Auflieger von Fliegl: „Heute bekam ich eine Einladung von einem anderen Fahrzeugbauer. Die steckte ich gleich in den Papierkorb.“
Quelle: Fliegl