7. September 2020, 16:22
Vor einem Jahr revolutionierte Fliegl die Transportwelt. Mit dem neu entwickelten Swap Train lassen sich drei 7,45-m-Wechselbrücken mit nur einem Lang-Lkw befördern. Auch die Spedition Rein nutzt nun diesen Vorteil.
Für den Transport von sechs BDF-Wechselbrücken sind mit einem Standardzug drei Fahrten nötig. Fliegl präsentierte 2019 den Swap Train, einen Wechselbrückenzug als Lang-Lkw, der drei BDFBrücken transportieren kann – und damit eine Fahrt überflüssig macht. Möglich wird das durch das neue Chassis: Zwei Wechselbrücken finden auf dem mit 14,98 Meter extralangen Sattelauflieger vom Typ SDS 350 Maxi Platz. Die dritte Brücke wird wie üblich auf dem Lkw mit Wechselbrückenrahmen transportiert. Auflieger und Zugfahrzeug werden durch das von Fliegl entwickelte CLG (Clever, Leicht, Gelenkt) -Dolly verbunden. Es kommt vollständig ohne Elektronik und Hydraulik aus, ist daher leicht und wartungsarm. Großer Vorteil dieser Kombination: Je nach Bedarf kann auch nur der Sattelauflieger verwendet werden, oder der Lkw fährt als Tandem-Zug mit Lafette – das Fahrzeug bleibt flexibel einsetzbar.
Die anfängliche Skepsis gegenüber den Lang-Lkw ist gewichen, immer mehr Unternehmen erkennen die großen Vorteile. Jetzt auch die Spedition Rein aus Saarlouis, die etwa 95.000 Pakete pro Tag befördert. Der Fliegl-Neukunde hat zunächst drei Swap Train bestellt. Teamleiter Michael Betz fährt seit 2007 für das Unternehmen aus dem Saarland und ist von der Lang-Kombi überzeugt:
„Wir fahren jetzt auch weitere Strecken und da lohnt es sich umso mehr, eine Wechselbrücke zusätzlich mitnehmen zu können.“ Volumen ist Trumpf im Paketgeschäft, die 27 Tonnen Nutzlast reichen aus.
Wenn ein einzelner Lkw pro Fahrt 50 Prozent mehr Ladegut befördern kann, spart das Geld, Personal und entlastet die Umwelt. Je nach täglicher Fahrleistung und Frachterlös kann sich der Swap Train in weniger als einem Jahr amortisieren.
Gegenüber dem Standard-Sattelauflieger bietet der Swap Train für die Spedition Rein einige praxisgerechte Optimierungen, die Teamleiter Betz angestoßen hat. Fahrzeugbauer Helmut Fliegl freut sich über das wertvolle Feedback, denn durch Rückmeldung werden die guten Fahrzeuge noch besser. Um beim Auf- und Abbrücken die Kotflügel nicht zu beschädigen, werden sie von Fliegl einige Zentimeter zum Rahmen hin versetzt. Führungsbleche vor den Twist-Locks werden entfernt, damit sie beim versehentlichen Anecken nicht verbiegen. Die Verriegelungen selbst sollen auf Wunsch der Spedition leicht verlängert werden. Gekürzt wird hingegen die Befestigung des Unterfahrschutzes am Heck, das reduziert Vibrationen.
Mittlerweile fahren rund 15 Speditionen den Swap Train von Fliegl. Und es werden mehr – auch, weil es immer weniger Fahrer gibt. Der Mangel an Kraftfahrern wird den Swap Train noch attraktiver machen, ist sich Betz sicher. Schließlich kann nun mehr Ladung mit der gleichen Anzahl an Fahrern transportiert werden. Und: „Man hat zwar mehr Verantwortung, aber auf der Straße ist das fahrerisch alles gut machbar“, berichtet der Teamleiter. Das freut auch Nachwuchsfahrer, denn immerhin ist der Swap Train mit einer Gesamtlänge von 25,25 Metern gut 8 Meter länger als ein herkömmlicher Wechselbrücken-Lkw. Für sicheres Rangieren sorgt das verbaute Rückfahrkamerasystem mit Funkverbindung. Die fünf LED-Arbeitsscheinwerfer leuchten dafür bei Dunkelheit die Bereiche seitlich und hinter dem Fahrzeug optimal aus.
Damit der Zug auch enge Kreisverkehre und Kurven meistert, ist der Unterkuppler-Zugholm hydraulisch in der Länge verstellbar und fährt bei Kurvenfahrten automatisch aus. Zusätzlich zum Einsatz kommt das iCorner-System von Knorr-Bremse. Es überwacht die Raddrehzahlsensoren und aktiviert ab einer Drehzahldifferenz von 5 Prozent, also wenn der Swap Train in eine enge Kurve oder um eine Ecke fährt, die iCorner-Funktion. Beim Dreiachs-Sattelauflieger mit Liftachse als erste Achse senkt das System die Liftachse ab, der effektive Radstand reduziert sich und der Wendekreisradius wird vergrößert. Bei Bedarf kann ebenso der Balgdruck vorübergehend reduziert und so die geregelte Achse entlastet werden.
Teamleiter Michael Betz sieht im Swap Train nur Vorteile. Ginge es nach ihm, würden in Zukunft zwei Drittel des eigenen Fuhrparks auf die Lang-Lkw-Kombination umgestellt. Es würde sich lohnen, schließlich sind bei Rein 80 eigene Wechselbrücken im Einsatz, mit Fremdbrücken sind es sogar 500. Doch bei einer Umstellung müssen auch die Kunden mitspielen. „Grundsätzlich finden unsere Kunden das auch toll, schließlich können wir mehr Ladung mit weniger Lkw befördern“, sagt Betz. Die einzige Herausforderung, das sei nicht verschwiegen, ist der leicht erhöhte Platzbedarf vor Ort. Doch auch Kunden erkennen die Vorteile und passen die Logistikzentren immer öfter an die neuen, extralangen Fahrzeuge an. Aus gutem Grund: Es werden immer mehr Pakete verschickt und es gibt immer weniger Lkw-Fahrer. Mit dem Swap Train hat Fliegl das richtige Fahrzeug zum richtigen Zeitpunkt im Portfolio.
Die Wichtigsten Daten auf einen Blick
- Transport von drei Wechselbrücken möglich
- 25,25 Meter Gesamtzuglänge, 14,98 Meter Sattelzuglänge
- 27 Tonnen Nutzlast möglich
- Leichtes Manövrieren dank hydraulisch ausfahrbarem Zugholm und iCorner-System
- Mechanisches Dolly ohne Elektronik und Hydraulik
Quelle: Fliegl Fahrzeugbau GmbH