1. Oktober 2014, 00:00
In Zeiten dünner Margen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Produktion rund um die Uhr möglichst reibungslos läuft. Deshalb gewinnt eine professionelle Instandhaltung immer mehr an Bedeutung. Aber wie lässt sich die Instandhaltung optimieren? Was hat der Anwender letztlich davon? Antworten darauf liefern Strategieberater von SKF: Im Interview sprechen die SKF Instandhaltungs-Experten Michael Nöth und Benjamin Pfannes über Lösungsansätze und Kundennutzen.
Herr Nöth, den meisten von uns ist SKF vor allem als Wälzlager-Hersteller bekannt. Seit wann sind Sie denn im Consulting-Geschäft tätig?
Michael Nöth: Wir bieten ja längst nicht mehr nur Lager, Dichtungen, Schmiersysteme und Mechatronik an, sondern auch eine Vielzahl von Dienstleistungen. All diese Kompetenzfelder zusammen bilden unser so genanntes „Plattform-Konzept“; und das haben wir 2005 offiziell verabschiedet. Wenn man so will, verfügen wir durch unsere „Hardware“ aber schon seit mehreren Jahrzehnten über Instandhaltungs-Erfahrungen in mehr als 40 Industriezweigen. Daraus resultiert natürlich ein enormes Praxis-Know-how. Insofern ist es absolut logisch, dass zu unserem heutigen Dienstleistungsangebot auch das Thema „Strategien für die Instandhaltung“ gehört: Der Kunde kann sicher sein, dass wir uns bestens mit produktivitätssteigernden Instandhaltungskonzepten in allen möglichen Branchen auskennen. Ergo können wir ihm auch mit einer profunden Beratung zur Seite stehen.
Sie sprachen die Praxis-Erfahrung an. Der Begriff „Instandhaltungs-Strategieberatung“ klingt aber nach sehr viel Theorie. Wie passt das zusammen?
Benjamin Pfannes: Ich sehe darin keinen Widerspruch – und zwar aus folgendem Grund: Erfahrungsgemäß scheitern mindestens 40 Prozent aller Verfügbarkeitsoptimierungen, wenn den entsprechenden Programmen keine eingehende Analyse vorausgegangen ist. Man ist also gut beraten, zunächst mal eine passende Strategie zu entwickeln. Danach kommt die Praxis; und auch damit haben viele Unternehmen Probleme: Mindestens die Hälfte aller Betriebe, die ein Instandhaltungsprojekt einleiten, setzen die Ergebnisse nicht wirklich effektiv um. Das bedeutet: Diese Betriebe realisieren auch nicht das volle Verbesserungspotenzial. Dieser „Verschwendung“ können wir mit unserer sehr praxisnahen Strategieberatung entgegenwirken.
Ok, was genau kann ich mir also unter der Instandhaltungs-Strategieberatung von SKF vorstellen?
Michael Nöth: Bei SKF sind die so genannten „Solution Factories“ auf das Thema „Service“ spezialisiert. Dabei handelt es sich um ein globales Netzwerk, in dem Fachleute aus sämtlichen SKF Plattformen vertreten sind. Diese Experten entwickeln individuelle Problemlösungen und Serviceleistungen zur Effizienzsteigerung. Dazu gehört also auch die Instandhaltungs-Strategieberatung. Dabei betrachten wir Instandhaltung als Wertschöpfungsprozess. Daraus wiederum leitet sich der AEO Prozess ab. AEO steht für Asset Efficiency Optimization. Dieser Prozess teilt sich in folgende vier Phasen auf: maintenance strategy, work identification, work control und work execution. Für jede dieser Phasen hat SKF Hardware, Software und Beratungsservices entwickelt und im Angebot.
Und was geschieht in den einzelnen Phasen der Optimierung?
Michael Nöth: Da wäre zunächst die strategische Phase: Hier richten wir uns an den Geschäftszielen des Kunden aus. Wir erarbeiten also eine grundlegende Strategie, die optimiert und angepasst wird. Phase Nummer Zwei hat dann sozusagen „detektivischen“ Charakter: Wir definieren und suchen diejenigen Informationen, die wir brauchen, um für die weiteren Tätigkeiten die richtigen Schlüsse ziehen zu können. In Phase Drei werden Instandhaltungstätigkeiten geplant – also wann sie durchgeführt werden, wer sie übernimmt und wie sie konkret aussehen. Dabei werden die Kernbestandteile der Instandhaltung berücksichtigt. Dazu gehören zum Beispiel Ersatzteilbeschaffung, Planung, Management und aktuelle Gegebenheiten und Entwicklungen. Die Ausführungsphase schließlich beinhaltet die konkrete Umsetzung und Durchführung der Instandhaltungstätigkeiten. Möglich sind auch daran anschließende Funktionstests.
Unter Ausführung und Planung kann sich jeder etwas vorstellen. Was aber geschieht genau in der strategischen Phase – wie geht SKF hier vor?
Benjamin Pfannes: Lassen Sie mich dazu ein typisches Beispiel anführen: Die konkrete Anforderung an SKF von Kundenseite lautet: Ich möchte die Instandhaltung an geänderte Betriebsbedingungen anpassen. Also beispielsweise die Produktionsgeschwindigkeit erhöhen und die Instandhaltungskosten senken. Wir zeigen dann zunächst anhand des AEO-Prozesses einen möglichen Weg für Optimierungen auf und führen anschließend mittels Potenzialanalyse eine Überprüfung der Ist-Situation durch. Darauf aufbauend werden in der Regel durch eine Kritikalitäts-Analyse die wirklich maßgeblichen Anlagenteile ermittelt. Mit diesem Hintergrundwissen führen wir eine sogenannte „RCM-Analyse“ durch. RCM steht für Reliability Centered Maintenance. Das dient dazu, die richtige Instandhaltungsstrategie auf Anlagenebene zu erarbeiten. Hieraus können wir beispielsweise auch Strategien ableiten, um die Anlagenbediener in die Instandhaltungsaufgaben zu integrieren. In erster Linie sollen die Bediener dabei Inspektionsaufgaben übernehmen. Allerdings wollen wir sie auch in die Lage versetzen, zum Beispiel kleinere Reparaturaufgaben selbst durchzuführen. Diese Einbeziehung der Anlagenbediener nennen wir ODR – Operator Driven Reliability.
Läuft die Umsetzung bei jedem Kunden gleich ab?
Benjamin Pfannes: Nicht wirklich! SKF hat zwar eine standardisierte Methodik entwickelt, aber letztlich dient diese dazu, die theoretischen Ansätze präzise auf die individuellen Kundenbedürfnisse zuzuschneiden. Das gilt für die Umsetzung entsprechender Maßnahmen natürlich erst recht. Zu Beginn steht vor allem der Wissenstransfer zwischen den Kundenmitarbeitern und den SKF Experten im Vordergrund. Um die Methodik erfolgreich umsetzen zu können, müssen wir den Kunden verstehen und seine Sprache sprechen. Dazu werden hierarchieübergreifend zur Kritikalitäts- und RCM-Analyse mehrere Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Funktionseinheiten gebildet. In einzelnen Workshops bearbeiten diese Arbeitsgruppen dann verschiedene Themenfelder – und zwar genau diejenigen, die für den jeweiligen Kunden am relevantesten sind.
Gibt es denn „typische“ Workshop-Ergebnisse in einer solchen Analyse?
Michael Nöth: In vielen Projekten ist schon relativ frühzeitig eine positive Veränderung der Kommunikationskultur zwischen den Mitarbeitern des Kunden erkennbar. Das führt zum Beispiel auch dazu, dass sehr zügig konkrete Umsetzungsmaßnahmen wie etwa das Aufstellen neuer oder angepasster Instandhaltungsaufgaben erarbeitet werden. Ein mögliches Resultat solcher Workshops ist selbstverständlich auch die Reduzierung des bisherigen Instandhaltungsaufwandes, wobei das Ergebnis immer vom Ausgangspunkt des jeweiligen Unternehmens abhängt. Ein weiteres, wenn nicht das wichtigste Ergebnis ist: Wir können den Kunden aufzeigen, wie sich das vorhandene Optimierungspotenzial letztlich in barer Münze auszahlt.
Gibt es dafür ein Beispiel?
Benjamin Pfannes: Sogar viele! Unser „Documented Solutions Programm“, in das interessierte Kunden ihre tatsächlich realisierten Kostensenkungen zurückmelden können, weist seit seinem Start vor zehn Jahren Kosteneinsparungen in Höhe von zusammen drei Milliarden Euro aus. Um Ihnen mal einen konkreten Fall zu nennen: Wir haben beispielsweise in einem US-Chemiewerk ein Instandhaltungskonzept umgesetzt, weil das Werk immer wieder mit ausfallenden Lüftern zu kämpfen hatte. Nachdem die Hauptursache erkannt und behoben war, haben wir dort eine Art „proaktive Zustandsüberwachung“ installiert, die ungeplante Stillstandszeiten praktisch ausschließt. Dadurch spart das Werk rund 2,5 Millionen Dollar pro Jahr. Diese Einsparpotenziale können wir inzwischen ziemlich genau mit unserer Analysesoftware vorausberechnen.
Unterstützt SKF die Kunden bei der praktischen Durchführung der Instandhaltungstätigkeiten direkt vor Ort?
Michael Nöth: Neben dem klassischen Solution Factory Service wie beispielsweise Lagermontage, Ausrichten, Schwingungsmessungen oder Leistungen an Werkzeugmaschinen-Spindeln bietet SKF ein breites Portfolio an Hard- und Software an. Darin sind Informationserfassung, Arbeitsdurchführung und Kontrolle vereint. Diese Lösung kann nicht nur von der Instandhaltung, sondern auch vom Produktionspersonal verwendet werden. Und gerade darin liegt der besondere Nutzen. Denn die Instandhaltung kann sich voll und ganz auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.
Werden Instandhaltungsberatung und deren Ergebnisse auch in den SKF-eigenen Produktionsstätten eingesetzt?
Benjamin Pfannes: Selbstverständlich! Das Expertenwissen zum Thema Instandhaltungsberatung wird im eigenen Hause genauso geschätzt und umgesetzt. Dadurch können wir uns wettbewerbsfähig im hart umkämpften Markt behaupten und unser Geschäft kontinuierlich weiterentwickeln.
Quelle: SKF GmbH