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LOPEC 2015 in München: Gedruckte Elektronik auf Wachstumskurs

Biegsame Solarzellen, interaktive Arzneiverpackungen und geschwungene Displays im Autocockpit: Die gedruckte Elektronik eröffnet vielen Branchen ungeahnte technische und gestalterische Möglichkeiten. Fachleute aus aller Welt treffen sich Anfang März auf der LOPEC in München, um ihre Neuentwicklungen zu präsentieren und Trends zu diskutieren. Den Stand der Technik und die Themen des LOPEC Kongresses erläutert Wolfgang Mildner, LOPEC General Chair und Vice Chairman Europe der OE-A (Organic and Printed Electronics Association).

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Herr Mildner, LOPEC steht für Large-Area Organic & Printed Electronics Convention. In welchen Bereichen wird Elektronik schon großflächig gedruckt?

Es gibt einige Branchen, die hier bereits sehr aktiv sind. Displays in der Unterhaltungselektronik etwa werden teils schon gedruckt. Im Bereich Automotive gibt es gedruckte Antennen und gedruckte Sensoren, und die Verpackungsindustrie nutzt die Technik, um Verpackungen innovativer und interaktiver zu gestalten.

Womit und worauf wird gedruckt?

Gedruckt wird typischerweise auf Folien aus Polyester oder anderen Kunststoffen. Papier ist für Verpackungen zwar interessanter, aber auch hier wird zunächst auf Folie gedruckt, die dann durch Laminieren mit Papier verbunden wird. Noch vor ein paar Jahren wurde vor allem mit organischen Materialien gedruckt, aber mittlerweile nutzt man dafür auch anorganische Substanzen bis hin zu Metallen. Entscheidend ist, dass sich die Materialien im Druck- und Beschichtungsprozess verarbeiten lassen.

In welcher Hinsicht ist die Technik noch verbesserungsfähig?

Um diese Frage zu beantworten, müssten wir uns die gesamte Wertschöpfungskette anschauen, aber bleiben wir bei den Materialien. Wenn ich zum Beispiel Transistoren herstellen möchte, brauche ich einen Materialsatz, der auch halbleitende Substanzen umfasst. In der gedruckten Elektronik werden typischerweise sogenannte p-Halbleiter verwendet, die ein Elektronendefizit aufweisen. Man hätte aber gerne auch n-Halbleiter, also solche mit einem Elektronenüberschuss. Denn dann könnte man p- und n-Halbleiter kombinieren und so schnellere und stabilere Schaltungen realisieren. Das wäre wirklich ein Sprung in der Performance. Auch in der Siliziumtechnik gab es einen enormen Schub, als man p- und n-Halbleiter durch Dotierung herstellen konnte. Bei der gedruckten Elektronik sind wir noch nicht so weit.

Wie ist Deutschland im Markt für gedruckte Elektronik aufgestellt?

Bei den Displays und organischen Leuchtdioden (OLEDs) sind asiatische Unternehmen sehr schnell in die Anwendung gegangen, aber Deutschland ist in der Fertigung und Marktreife auch nicht schlecht aufgestellt. Das wird Dr. Marc Lünnemann, Geschäftsführer von Osram OLED, auf dem LOPEC Kongress in seinem Plenarvortrag über OLEDs zeigen. Er präsentiert ein schönes Beispiel dafür, dass Deutschland nicht nur Technologiezulieferer ist - dafür sind wir ja bekannt und gefragt - sondern die Maschinen und Prozesse auch nutzt, um

Produkte herzustellen.

Werden auf dem LOPEC Kongress auch Themen aus Forschung und Entwicklung diskutiert?

Ja, auf jeden Fall. Wir werden auf dem Kongress die gesamte Wertschöpfungskette betrachten, von der Materialforschung über die Prozesse bis hin zu den Anwendungen in verschiedenen Branchen. Es gab im vergangenen Jahr zum Beispiel eine Materialinnovation, die für Furore gesorgt hat: die Perowskite, eigentlich altbekannte Minerale. Bislang wurden sie nicht in der gedruckten Elektronik eingesetzt, doch jetzt haben einige Unternehmen hervorragende Ergebnisse veröffentlicht. Auf dem LOPEC Kongress wird Dr. David Fyfe, er sitzt im Aufsichtsrat des Unternehmens Oxford Photovoltaics, einen differenzierten Blick auf die Perowskite werfen und den aktuellen Stand mit dem Fokus auf Solarzellen schildern. Das Kongressprogramm wird wie in jedem Jahr von einem internationalen Gremium zusammengestellt.

Setzt der Kongress bestimmte Schwerpunkte?

Neben technischen Highlights, etwa zu neuen Materialien, werden wir besonders auf die Anwendungen schauen. Das ist das, was die Besucher der LOPEC am meisten interessiert. Einer der großen Schwerpunkte im Kongress ist „Wearable Electronics“, also flexible und tragbare Elektronik. Darüber hinaus wird Dr. Tom Taylor vom englischen Centre for Process Innovation (CPI) über Anwendungen berichten, die er gemeinsam mit Kunden entwickelt. In seinem Vortrag geht es um Verbrauchsgüter – wie kann gedruckte Elektronik auf Produkten die Logistik unterstützen? Zum Thema Smart Packaging haben wir auch Michael Petersen vom kanadischen Unternehmen IMC als Plenarredner gewonnen. Er beschäftigt sich mit interaktiven Arzneiverpackungen. Sie registrieren, wann eine Pille herausgedrückt wurde, und leiten die Daten zum Beispiel an den Arzt weiter.

Wie weit entwickelt sind solche intelligenten Verpackungen schon?

Es gibt schon Piloteinsätze. Ich habe entsprechende Verpackungsmuster vor kurzem bei Michael Petersen gesehen, die Technik ist wirklich beeindruckend. Er kämpft natürlich noch mit verschiedenen Aspekten, denn nicht alle Funktionen lassen sich schon mit gedruckter Elektronik realisieren. Früher hätte man gewartet, bis die Technik so weit ist. Heute wartet man nicht mehr, sondern kombiniert gedruckte Elektronik mit konventionellen Bauteilen wie Siliziumchips. Diese hybriden Ansätze sind ein spannender Bereich, der auch auf der LOPEC zu sehen is

Der LOPEC Kongress ist unterteilt in drei Blöcke: Business, Technik und Wissenschaft.

Ja, wobei die Plenarvorträge zum Smart Packaging und anderen übergeordneten Themen den gemeinsamen Rahmen bilden. Mit der Scientific Conference adressieren wir vor allem die wissenschaftliche Community, während auf der Technical Conference hauptsächlich Unternehmen über ihre Innovationen berichten. Dieser Teil ist eher produktorientiert, aber trotzdem kein Werbeblock. Vielmehr werden die Unternehmen zeigen, auf welche Probleme sie bei der Entwicklung gestoßen sind und wie sie diese gelöst haben. Für die Industrie – meiner Ansicht nach – am wichtigsten sind die Business Conference, die schon einen Tag vor der Messe stattfindet, und das Start-Up Forum, in dem junge Unternehmen ihre Geschäftsideen vorstellen.

Was steht auf dem Programm der Business Conference?

Wir werden vor allem diskutieren, ob man mit gedruckter Elektronik schon Geschäfte machen kann und welche Ideen die Branche antreiben. Auch hier starten wir mit einem spannenden Plenarvortrag: Dr. Davor Sutija, CEO von Thin Film Electronics aus Oslo, wird über das Internet der Dinge sprechen. Wie kann ich jedes beliebige Objekt als Teil eines Netzwerks adressieren und mit ihm kommunizieren? Die Vision, alles mit allem zu vernetzen, geistert ja schon lange herum – und mit gedruckter Elektronik lässt sie sich jetzt umsetzen.

Das Kongressprogramm wird fast 200 Vorträge umfassen. Haben Sie ein persönliches Highlight?

Ich persönlich finde Anwendungen im Automobilbereich besonders spannend. Mit der gedruckten Elektronik ergeben sich hier ganz neue Designmöglichkeiten mit intelligenten, sensorischen Oberflächen. Ein Vertreter von Continental wird dazu einen praxisrelevanten Vortrag aus der Anwenderperspektive halten. Die Idee ist, dass die Bedienung im Cockpit nicht mehr über Drucktasten erfolgt, sondern über Berührung, über geschwungene, beleuchtete Formen, die den Benutzer besser führen als konventionelle Tasten. Touch-Displays sind ohnehin ein großes Thema auf der LOPEC, denn da ist die gedruckte Elektronik ganz vorne mit dabei.

Quelle: Messe München; IFAT