14. Oktober 2013, 00:00
Wie sich Lernen und Leben auf dem Gut und Resort Spascher Sand vor den Toren Bremens verbindet
WILDESHAUSEN (SR). 2006 meldete das Wochenmagazin Stern: Jede Woche wird in Deutschland eine neue Privatschule eröffnet, weil Eltern, Firmen oder Stars wie Nena sich eine bessere Betreuung für die Kinder wünschen. Sie wollen sich nicht mit dem staatlichen Schulsystem und seinen Schwächen zufriedengeben.
So war es auch bei Renate und Wolfgang Rixen. Ihre zwei Töchter schickten die Grundschullehrerin und der Geschäftsführer der Solinger Item GmbH, einem mittelständischen Unternehmen für modulare Maschinenbau-Komponenten, auf Schulen ins Ausland. In Großbritannien, den USA und Kanada hatten sie gesehen, was möglich ist. Weil ihnen die staatliche Förderung in Deutschland nicht gut genug war, gründeten sie für 6,5 Millionen Euro vor den Toren Bremens die Privatschule Gut Spascher Sand. Sie basiert auf dem Modell einer Ganztagsschule und zeigt, wie es anders geht. Nun steht Rixens nächstes Projekt in den Startlöchern: eine daran angrenzende neue Wohnsiedlung auf gehobenem Niveau.
Die Pisa-Studie und die einsetzende Bildungsdiskussion hatte dem Ehepaar Rixen wie vielen anderen auch die Augen geöffnet – der Anteil der Privatschulen ist bis zuletzt auf über 5 467 stetig gestiegen. „Wir wollen einen persönlichen Beitrag zum Gelingen der Bildung für die nachfolgende Generation leisten“, ist die Motivation für die Privatschule. Renate und Wolfgang Rixen konnten sich mit dem deutschen Bildungssystem nicht anfreunden und gründeten selbst eine Schule auf dem Gelände in der Wildeshauser Geest, einem Gut im Naherholungsgebiet.
Der alte baufällige Hof samt 90 Hektar Wald- und Heidegebiet wurde 2001 gekauft. Bagger rückten an und die ersten Gebäude wurden errichtet. Möglichst schnell sollte alles fertig sein, damit der Unterricht beginnen konnte. „Unsere Vorstellung von einem freundlichen, hellen, naturnahen, zu Bewegung und Lebensfreude einladenden Ambiente, konnte auf Gut Spascher Sand ideal umgesetzt werden“, erklären die beiden Schulgründer.
Individuelle Förderung in Anlehnung an die Montessori-Pädagogik ist das Konzept der Privatschule Gut Spascher Sand. Als sie 2004 den Betrieb aufnahm, besuchten 50 Kinder den Kindergarten und 36 Schüler zwei Klassen der Grundschule. Neun Jahre später sind es rund 300 Mädchen und Jungen und vier Kindergartengruppen, um die sich 45 Mitarbeiter kümmern. Die ersten Schüler machten Abitur – eine gymnasiale Oberstufe wurde eingerichtet. Die Schule ist seit 2009 die erste im Landkreis Oldenburg, die den Status anerkannte, integrierte Gesamtschule erhielt. Ein Internat ist geplant.
Das Ziel von Renate Rixen und ihrem Mann: Die Schüler sollen in einer naturnahen Umgebung lernen, auf das Leben vorbereitet werden und zu einer Persönlichkeit mit eigenen Begabungen reifen. Daher stehen nicht nur die klassischen Unterrichtsfächer auf dem Stundenplan, sondern die Schüler sind auch angehalten, sich mit Sport, Musik und Kunst zu beschäftigen und über den sprichwörtlichen Tellerrand hinausschauen, um selbstständig zu werden und ihre sozialen Kompetenzen zu entwickeln. Dabei sollen sie etwa betriebswirtschaftliche Abläufe mitbekommen und verstehen, warum es so wichtig ist, sich zu organisieren. Zum Beispiel müssen sie neun Reitpferde pflegen und versorgen.
Das Lehrkonzept haben Renate und Wolfgang Rixen zusammen mit einem Team entwickelt – auf der Basis der neuesten lernpsychologischen Erkenntnisse. Die Privatschule will keine Schule der Reichen und Privilegierten sein, sondern sich an alle Bevölkerungsschichten wenden. Das Schulgeld richtet sich nach dem Einkommen der Eltern. Ein Drittel der Aufwendungen übernimmt der Staat. Noch ist es ein Traum von Wolfgang Rixen und seiner Frau, aber eines Tages soll die Schule finanziell auf eigenen Beinen stehen und sich selbst finanzieren.
Weil die finanzielle Deckung noch nicht ausreicht, kommt nun ein zweites Projekt ins Spiel: das Spascher Sand Resort. Der Erlös der geplanten Anlage soll dem Gut Spascher Sand zugute kommen. Das millionenschwere Wohnprojekt finanziert das Ehepaar Rixen aus eigener Tasche. In Vorleistung gingen sie bereits, als sie die Privatschule aus der Taufe hoben. Den finanziellen Grundstock dafür hat Wolfgang Rixen mit 400 Mitarbeitern und seinem Maschinenbauunternehmen in Solingen gelegt – der Diplomingenieur hat im Lauf seines Berufslebens zahlreiche Erfindungen zum Patent angemeldet. Doch anstatt sich zurückzuziehen, hat er sich für Engagement entschieden. Für seinen Einsatz nahm er bereits den Wirtschaftspreis der Mittelstandsvereinigung Wildeshausen und der Stadt entgegen.
Sein neuestes Werk soll Bildung und Leben verbinden und einen Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Generationen ermöglichen. Die Älteren sollen ihr Wissen weitergeben – Rixen schwebt ein offener Austausch zwischen Bewohnern und Schülern vor. Nach den Plänen der Brüder, dem Architekten Stephan Damke und dem Garten- und Landschaftsarchitekten Thomas Damke, ist auf dem ehemaligen Kasernengelände am Stadtrand von Wildeshausen auf einer Fläche von 23 Hektar ein Resort für gehobenes Wohnen inmitten von Grün geplant. Das Duo hatte zuvor schon das Schulareal entworfen. Im Mittelpunkt von dem Resort Spascher Sand soll eine weitläufige, künstliche Teichlandschaft stehen, um die sich die Gebäude, wie Villen, Einfamilien- und Apartmenthäuser, zu Wohnhöfen gruppieren. Sie orientieren sich an den Bedürfnissen von Familien, Alleinlebenden, Paaren und Wohngemeinschaften. Alt und Jung sollen Seite an Seite leben. Eine Betreuung von kurzzeitigen oder dauerhaften Pflegefällen kann gewährleistet werden.
Zwischen den Gebäuden sollen ausreichend Freiflächen geschaffen werden. Ein Park mit altem Baumbestand gehört genauso zum Konzept wie ein zentraler Marktplatz als Treffpunkt samt Geschäften, Cafés und Restaurants. Sportanlagen und Weiterbildungseinrichtungen sind geplant. Der Zugang zu dem Resort erfolgt über drei Seiten. Zäune sind nicht vorgesehen, denn das würde zu sehr einengen. Es geht um Barrierefreiheit und um Erholung, fast schon um Urlaubsflair. Darum soll der Straßenverkehr draußen bleiben. Besucher sollen sich an ein Fahrverbot halten und ihr Auto auf ausgewiesenen Parkplätzen abstellen.
Nach einer langen Planungsphase erfolgt bis 2014 der erste von zwei Bauabschnitten. Für die Bauarbeiten wurde von der Gut Spascher Sand Immobilien GmbH bei der Zeppelin Niederlassung Bremen ein Cat Kettenbagger 323E bestellt. Um möglichst umfassend und vielseitig eingesetzt werden zu können, gehören zu seiner Grundausstattung ein Tieflöffel, ein hydraulischer Grabenräumlöffel, ein Cat Hammer, ein Cat Sortiergreifer und eine Cat Schere.
Die Baumaschine übernimmt Arbeiten, die erforderlich sind, das Grundstück für die gehobene Bebauung vorzubereiten. Mit dem ersten fertigen Musterhaus wird im Herbst gerechnet. Hundert Einfamilienhäuser und bis zu 40 Wohnungen sollen folgen.
Quelle: Foto: Caterpillar/Zeppelin