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Rückbau und Recycling versus Sanierung und Weiterverwendung

Recycling versus Sanierung
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Bildquelle: Pixabay; BDA; data GmbH; Recycling-News; Bayrischer Rundfunk; Baubiologie Magazin; BIM

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Aktuelle Fragen in der Baubranche

Ulrich Nieschalk | Professor für Architekturgeschichte | LinkedIn | 10.3. 2023

1. Rückbau

Als Rückbau (eigentlich: Abriss, Abbruch – hört sich aber weniger brutal an?) bezeichnet man im Bauwesen das komplette oder teilweise Zerstören und Entsorgen von Bauwerken und Bauteilen aller Art. Der Abriss selbst erfolgt durch Verfahren wie Einreißen, Abtragen, Demontieren, Zerschlagen oder den Einsatz von kontrollierten Sprengungen.

2. Recycling

Ein Produkt-Recycling von Bauteilen aus rückgebauten Gebäuden bezeichnet deren erneute Nutzung nach Demontage für den ursprünglich vorgesehenen Verwendungszweck. Damit ergeben sich im Vergleich zur Neuteilherstellung deutliche Einsparungen an Fertigungsenergie und endlichen Ressourcen. Das Produkt-Recycling von Bauteilen, beginnend bei Rückbauten, Umbauten oder Sanierungen bis hin zur Neuerstellung von Gebäuden, stellt somit einen integralen Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft im Bauwesen dar.

3. Sanierung

Sanierung im Bauwesen bedeutet: baulich-technische Wiederherstellung oder Modernisierung von Bauwerken, um Schäden zu beseitigen. Dabei geht es in erster Linie geht es um die Werterhaltung und Verbesserung der Bausubstanz. Eine Sanierung geht über die Instandhaltung und Instandsetzung hinaus. Sie kann erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz beinhalten wie u. a. Kernsanierung unter Beibehaltung der Fassaden und beinhaltet meist eine Modernisierung. Wichtiger Aspekt ist dabei die energetische Sanierung.

4. Weiterverwendung

Bei der adaptiven Weiterverwendung von Gebäuden geht es darum, eine Bestandsimmobilie für einen neuen Verwendungszweck umzugestalten. Dabei richten sich die Möglichkeiten sowohl nach der Gebäudestruktur, Größe und Leistungsfähigkeit, als auch nach der angestrebten Neunutzung. Experten schätzen, dass sich innerhalb des kommenden Jahrzehnts neunzig Prozent der Immobilienentwicklung durch Umnutzung bestehender Gebäude statt durch Neubau vollziehen werden.

5. Ressourcen und Nachhaltigkeit

Die bauliche Umwelt wirkt sich erheblich auf viele Wirtschaftszweige, Arbeitsplätze vor Ort und die Lebensqualität aus. Sie verbraucht zugleich aber auch enorme Ressourcen und ist für etwa 50 % der gesamten Rohstoffgewinnung in der EU verantwortlich. Heute sind dies noch zumeist primäre Rohstoffe. Hinzu kommt: Auf das Baugewerbe entfallen mehr als 35 % des gesamten Abfallaufkommens in der EU. Die Treibhausgasemissionen aus der Rohstoffgewinnung, der Herstellung von Bauprodukten, dem Bau und der Renovierung von Gebäuden werden auf 5 bis 12 % der gesamten nationalen Treibhausgasemissionen geschätzt. Optimierungspotenzial ist vorhanden: Mit einer höheren Materialeffizienz ließen sich 80 % dieser Emissionen einsparen. Bei den globalen energiebedingten CO2-Emissionen entfallen sogar 38 % auf den Bau- und Gebäudesektor.

6. Energie

Als graue Energie bezeichnet man den Energieaufwand, der über den gesamten Lebenszyklus der eingesetzten Materialien benötigt wird. Damit gemeint ist die in Gebäuden gebündelte Energie, die für Bau, Herstellung und Transport aufgewendet wurde. Vom Fundament bis zur Dachpfanne benötigt jedes Bauteil eine gewisse Menge Energie für die Herstellung und den Transport. Einige basieren auf endlichen Ressourcen wie Erdöl oder seltenen Erden, andere hingegen basieren auf nachwachsenden Rohstoffen, wie Holz oder anderen Pflanzen. Dabei sind manche Materialien und Rohstoffe leichter herzustellen oder zu gewinnen als andere. Bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Bestandsgebäudes sollte nun also nicht nur der aktuelle Energiebedarf für den Betrieb, sondern auch die bereits in den Mauern des Gebäudes gebundene graue Energie berücksichtigt werden. In der Europäischen Union liegt der Anteil der CO2-Emissionen, welche aus der Baustoffherstellung resultieren, bei ca. neun Prozent der Gesamtemissionen aller Sektoren.

7. Wirtschaftlichkeit

Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen  sollten neben finanziellen Fakten auch weitergehende Wirkungen und Vorteile von Modernisierungsmaßnahmen betrachtet werden. Wohnkomfort, Barrierefreiheit, Schadstofffreiheit von Baustoffen und die Wertsteigerung werden bei Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht immer oder nur indirekt erfasst. Dennoch sollten dieses wichtige Entscheidungskriterien bei langfristigen Zukunftsinvestitionen bei Immobilien sein.

8. Gesetze und Vorschriften

Baugesetzbuch

Bauordnung. In manchen Ländern, darunter auch Deutschland, gibt es strenge Bauvorschriften, die eine Umwandlung von Industrieanlagen zu Wohnraum schwierig gestalten.

Baugenehmigung. Mancherorts schreiben die Gesetze auch die zulässige Größe eines Bauprojekts vor und inwieweit historische Bauten verändert werden dürfen. Das trifft vor allem auf urbane Standorte zu.

Strukturelle Integrität und Brandschutzkonzepte In diesem Zusammenhang müssen Ingenieure beispielsweise berechnen, wie viel Stützleistung nötig ist, um beschädigte Wände zu retten. Ferner gilt es, die Tragfähigkeit sämtlicher Balken zu prüfen und diese bei Bedarf zu verstärken. Der Brandschutz muss nachgewiesen werden

Bundesimmissionsschutzgesetz

9. Fazit

Die Bauwirtschaft muss nachhaltiger und bestenfalls zirkulär werden. Die adaptive Wiederverwendung kann auch den Weg zur Erhaltung des architektonischen und kulturellen Erbes weisen. Die Umwandlung historischer Stätten in zeitgemäße Strukturen – statt Restaurierung der alten Pracht – ermöglicht es, Erbe zu erhalten, indem es einen neuen Zweck erfüllt.

Die Bauwirtschaft steht vor vielfältigen Herausforderungen: technischer Fortschritt, Energiewende, Digitalisierung, Klimawandel, Migration, demographischer Wandel und die Debatte um bezahlbares Wohnen sind nur einige davon. Alle an Bauprojekten beteiligten Stakeholder sind gefordert, einen effizienten und verlässlichen Rahmen für das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden zu gestalten. Normung und Standardisierung leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Sie konkretisieren die durch den Gesetzgeber vorgegebenen Schutzziele für Sicherheit, Umwelt und Gesundheit, definieren Produktanforderungen wie Mengen, Maße und Mischungsverhältnisse und beschreiben einheitliche Prüfverfahren, um die Einhaltung von Mindestanforderungen sicherzustellen. Normung macht das Bauen sicherer und wirtschaftlicher.

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Quelle: LECTURA GmbH; Ulrich Nieschalk

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