11. September 2015, 10:48
Arbeitsschiff Mittelgrund und Atlas Raupenbagger im Wasserbau-Einsatz – seewasserfeste Maschine – große Kräfte müssen beherrscht werden – schnelles Arbeiten
„Alles fließt“, sagt der griechische Philosoph Demokrit. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven sorgt in seinem Dienstbereich dafür, dass dies bei der Oste und Elbe auch in den richtigen Bahnen geschieht. Die Oste, ein Nebenfluss der Elbe, der bei Cuxhaven in die Elbe bzw. Nordsee fließt, hatte sich im Laufe der Jahre stark an das Flußbett der Elbe angenähert. Um eine Verbindung vor der Mündung zu verhindern, wurde das Flussbett in einen Verlauf mit zahlreichen Bögen verändert. Der Effekt ist, dass die Oste im spitzen Winkel in die Elbe fließt und so den Sedimenteintrag deutlich minimiert. Um den gestalteten Flusslauf in den gewünschten Bahnen zu halten, ist es notwendig, die Ufer in bestimmten Bereichen, die z. B. durch Strömungen besonders beansprucht sind, zu befestigen. Zu diesem Zweck werden Sinkmatten – aus sehr festem Eichen-Buschwerk oben und unten mit einer Drahtmatte versehen, die zusammengeknüpft sind – an den Uferstrecken ausgelegt. Um ein Verschwimmen der Matten zu verhindern, werden sie mit soliden Felsbrocken beschwert. Eine Arbeit, die zum einen sehr robusten Krafteinsatz erfordert, zum anderen aber wirkliche Präzision beim Einbau der Steine verlangt, denn wenn die Last nicht auf den dafür vorgesehenen Flächen liegt, ist die ganze Uferbefestigung ohne wirklichen Effekt.
Seewasserfester Bagger
Im Einsatz ist das zum WSA gehörende Schiff SG Mittelgrund (Länge: 40,25 m, Breite: 10,16 m, Tiefgang, max.: 1,30 m, SG=Schwimmgreifer), geführt von Kapitän Johann Schomaker. Auf dem Schiff ist ein schwerer Raupenbagger, ein 37 t Atlas 340 LC, montiert. Er ist speziell für seine Einsätze, die oftmals nicht auf festem Untergrund, sondern auf dem Wasser und zudem noch besonders verschleißintensivem salzhaltigem Wasser stattfinden, ausgerüstet. Ein zusätzliches Kontergewicht von 3,5 t wurde montiert, um die Standfähigkeit noch zu erhöhen; er wurde mit 800 mm Bodenplatten ausgerüstet, seine Lackierung ist seewasserfest und alle wichtigen Maschinenteile, wie z. B. die Hydraulikverbindungen und Leitungen, sind mit zusätzlichen Planen gegen gischtendes Wasser gesichert. Weiterhin sind z. B. die Kolbenstangen aus Niro- Stahl und die Karosserie ist seewasserfest versiegelt.
Und die Robben schauen zu
Es ist noch dunkel, als morgens um 7.00 Uhr die Mittelgrund von der WSA Außenstelle Neuhaus ablegt und zum Einsatzort an die obere Oste fährt. Der Steinkasten ist mit 120 t Steinen beladen, die auf den Matten eingebaut werden sollen. Wolfgang Schlickau ist ein erfahrener Baggerführer, der nicht nur die Maschine kennt, sondern auch das, was für gutes Arbeiten auf einem seegängigen Schiff notwendig ist. An diesem Morgen ist alles ruhig. Ein wunderschöner Sonnenaufgang lässt einen erfreulichen Tag erwarten. Man kann die Robben beobachten, die ebenfalls den Morgen genießen. „Aber“, so erzählt Schlickau, „das ist natürlich nicht immer so. Zu bestimmten Jahreszeiten ist es manchmal reichlich stürmisch und beachtlicher Wellengang macht aus einem Arbeitsschiff dann ein Fahrzeug mit der Betonung auf Schiff.“ Das bedeutet auch, dass man den Bagger dann mit den dafür vorgesehenen Spannschrauben festzurren muss. Das Arbeiten mit dem Bagger verändert sich auch, denn man muss alle Schiffsbewegungen im Vorhinein erkennen und die eigenen Arbeitsabläufe entsprechend anpassen – einerseits, um gute Arbeit abzuliefern und andererseits, um den Bagger nicht zu schädigen oder letztlich das Schiff zu versenken. Denn hier sind große Gewichte im Einsatz, die durch gewaltige dynamische Kräfte auch reichlich Unheil anrichten können. An dem Uferabschnitt angekommen, muss Kapitän Schomaker die Mittelgrund sehr nah am Ufer halten, ohne dasselbe zu berühren – schlicht, um Schäden zu vermeiden.
Präzise steuern
Die Mittelgrund ist mit 2 MWM Motoren mit 184 kW ausgerüstet. Sie sind auf je einem Schottelruder-Propeller auf dem Vorschiff und Achterschiff auf der Backbord-Seite angeordnet. Das Schiff ist so ausgerüstet, dass es auch trockenfallen kann, d. h. die Schiffspropeller können versenkt werden und wenn das Schiff dann auf dem Boden liegt, sind sie vor Beschädigungen geschützt. Das ist bei diesem Einsatz aber nicht notwendig. Allerdings muss der Kapitän außerordentlich aufmerksam agieren, damit er das Schiff, gesteuert durch die Drehzahl der Schiffsschrauben, fast zentimetergenau auf der Stelle hält. Baggerführer Schlickau beginnt zügig mit dem Einbau der Befestigungssteine. Es ist erstaunlich, wie schnell 120 t im Wasser und auf den Matten versenkt sind.
An Land und auf dem Wasser
Der Atlas Bagger kann auch an Land, zum Beispiel auf Sandbänken, arbeiten. Er wird dann über zwei hydraulisch ausklappbare Lagerampen an Land verfahren. Als Arbeitsschiff des Außenbezirks Cuxhaven wird die Mittelgrund für alle Arbeiten, die bei der wasserseitigen Bearbeitung im oder am Gewässerbett der Bundeswasserstraße Oste und Elbe anfallen, eingesetzt.
Dazu gehört der Einbau von größeren Mengen Baumaterial (Steinschüttungen, Faschinen usw.) an Wasserbaustellen, Neubau, Wartung und Instandsetzung von Wasserbauwerken (Pfahl- und Spundwände, Buhnen, Uferdeckwerke, Ausbaggerungen usw.).
Gute Sicht
Eine wichtige Voraussetzung hierbe ist es, immer gute Sicht zu haben und mit der höhenverstellbaren Kabine ist dies in angenehmer Form möglich. Sie kann bis auf 4,85 m ausgefahren werden. Als Hilfsgerät ist ein kleiner Skidsteer auf der Mittelgrund. Er schiebt die Restbestände an Steinen zusammen, sodass tatsächlich auch die ganze Fracht präzise eingearbeitet werden kann. Die Anforderungen an den auf der Mittelgrund aufgebauten Bagger sind hoch: Zum einen, was die Lasten, die zu verarbeiten sind, anbelangt, aber zum anderen auch, was die Kräfte, die im wahrsten Sinne des Wortes zum Tragen kommen, betrifft. Der Baggerarm hat eine Reichweite von 12,4 m und bei dieser Auslage noch eine Hubkraft von 3,8 t. Dadurch, dass bei bestimmten Einsätzen z. B. schwere Steinladungen nicht einfach aus dem Mehrschalengreifer herausgleiten, sondern durchaus auch in bestimmte Bereiche geschleudert werden, entsteht eine hohe Belastung. Diese muss man als Baggerführer beherrschen und als Bagger – sowohl was die Konstruktion als auch das Material anbelangt – verkraften. Offensichtlich klappt das in diesem Fall sehr gut, denn der Service, der von dem Unternehmen Atlas von der Wehl aus Lauenbrück geleistet wird, war bisher, was Schäden oder Verschleiß anbelangt, eigentlich arbeitslos. Nach einer guten Stunde Einbauarbeit ist diese Arbeit erledigt und die Mittelgrund macht sich wieder auf den Weg zum Lagerplatz, um eine neue Ladung Steine aufzunehmen. Insgesamt darf aus Gründen des Naturschutzes und der jahreszeitlichen Bedingungen nur an etwa zweimal 14 Tagen im Jahr in diesen Bereichen der Oste gearbeitet werden. Da gilt es, die wenige Zeit voll auszunutzen und das wird von der Mittelgrund, ihrer Mannschaft und ihrem Bagger im besten Sinne des Wortes getan.