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Trends bei der Kartoffeltechnik

Dr. Rolf Peters, Versuchsstation Dethlingen, Landwirtschaftskammer Niedersachen, Munster

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Die hohe Volatilität des europäischen Kartoffelmarktes zwingt alle Beteiligten der Verfahrenskette immer wieder zu einer kosten- und qualitätsorientierten Optimierung der Produktion. Dabei ist die Technik ein wesentlicher Baustein, um die Zielvorgaben in den einzelnen Verwertungsrichtungen möglichst umfassend erfüllen zu können.

Ernte und Einlagerung

Deutlich wird dieser Trend zur weiter fortschreitenden Spezialisierung der kartoffelbauenden Betriebe beispielsweise daran, dass mittlerweile in Deutschland mehr Kartoffeln mit zwei- als mit einreihigen Rodern geerntet werden. Dies ist zum einen auf das stetige Wachstum der Kartoffelanbaufläche in den verbleibenden Betrieben zurückzuführen. Zum anderen haben einige Hersteller in den letzten Jahren aber auch das Angebot an zweireihigen Bunkerrodern durch eine kleinere Baureihe nach unten hin abgerundet, was den Übergang in die höhere Leistungsklasse kostenmäßig deutlich erleichtert. Diese Maschinen haben zumeist eine reduzierte Siebfläche und ein kleineres Bunkerfassungsvermögen, wodurch sie leichter und kompakter gebaut werden können. Dennoch sind die Kraut- und Beimengungstrennungen so ausgelegt, dass der aus zwei Reihen bestehende Gutstrom störungsfrei durch die Maschine fließen kann.

Bei den einreihigen Rodern sind die gegenwärtig drei Leistungsklassen, charakterisiert durch unterschiedliche Sieb- und Bunkerkapazitäten, historisch gewachsen und decken über eine Vielzahl von Ausstattungsvarianten die Anforderungen von Direktvermarktern bis hin zu mittelgroßen Kartoffelbaubetrieben ab. So machen z. B. die unterschiedlichen Standortbedingungen, trotz eines verstärkten Einsatzes der Bodenseparierung, immer noch eine Auswahl von aktiven Beimengungstrenneinrichtungen erforderlich, wobei die klassische Steintrennung aus Gummifingerband und oberhalb umlaufenden Bürstenbändern aufgrund ihres begrenzten Durchsatzes weiter an Bedeutung verliert. Hier erwarten die Betriebe von der neuen, aber gegenwärtig nur für zweireihige Maschinen angebotenen pneumatischen Beimengungstrennung einen deutlichen Leistungs- und Qualitätsfortschritt.

Vor dem Hintergrund des höheren Fäulnisdrucks im letzten Jahr hat das Interesse am geteilten Ernteverfahren weiter zugenommen, da die Schwadablage auf dem Feld sowohl über die Abtrocknung der Knollen als auch über deren Temperaturerhöhung zu einer deutlichen besseren Lagerfähigkeit beiträgt. Das kommerzielle Angebot an speziellen Kartoffelschwadlegern ist jedoch begrenzt, so dass einzelne Betriebe gebrauchte Schwadleger oder zweireihige Rodelader gezielt für ihre Bedürfnisse umbauen.

Die zwei- und vierreihigen selbstfahrenden Kartoffelroder sind aufgrund der begrenzten Stückzahlen in ihrer Grundkonzeption auf den europäischen Gesamtmarkt ausgerichtet und werden über die Kombination unterschiedlicher Trenn- und Reinigungsmodule an die regionalen Anforderungen angepasst. Ein erfolgreicher Betrieb der Selbstfahrer bedingt neben einer großen Rodefläche und einer möglichst breit gefächerten Erntesaison auch eine an die höhere Erntemenge angepasste Transport- und Einlagerungsleistung, die aber beim überbetrieblichen Einsatz nicht immer vorhanden ist.

Das Überladen von der Erntemaschine auf das Transportfahrzeug stellt häufig noch eine unterschätzte Beschädigungsgefahr für die Kartoffeln dar. Hier bieten sich aber auf der einen Seite mit abknickbarem Bunkerkopf und Kistenbefülltrichter sowie auf der anderen Seite mit hydraulisch verschiebbarer Bordwand, Fallbrechern und -segeln sowie Bodenpolsterung des Transportfahrzeuges vielfältige Lösungen an, um die mechanischen Belastungen in diesem Verfahrensschritt nachhaltig zu minimieren.

Bei der Einlagerung dominieren die Heckannahmen, zumeist in Kombination mit den standortspezifischen Enterdungswalzen. Um eine höhere Leistung mit der grundsätzlichen Möglichkeit zum Straßentransport der Annahme zu kombinieren, wird zumeist ein größeres Fassungsvermögen über einen längeren Fördergurt sowie eine horizontale Abknickung im Bodenbereich genutzt. Für die Abtrennung knollenähnlicher Beimengungen aus dem Erntegut sind wieder elektronische Trenneinrichtungen mit unterschiedlichen Sensortechniken im Angebot. Bei den Kistenfüllern dominieren Geräte, bei denen die Kisten auf dem Boden stehen und wechselseitig möglichst knollenschonend befüllt werden. Mit dieser Standardtechnik lassen sich in der Regel Kisten bis zu einem Fassungsvermögen von zwei Tonnen Kartoffeln füllen, während für größere Kisten zumeist individuelle Lösungen zum Einsatz kommen.

Lagerung und Aufbereitung

Die klassische Loselagerung wird heute vor allem noch bei Verarbeitungskartoffeln genutzt, da hier auf den Betrieben zumeist wenige Sorten in großen Partien anfallen. Die deutlich teurere Lagerung in Großkisten ermöglicht dagegen eine sichere Trennung und einfachere Auslagerung auch kleinerer Partien sowie eine mit der Lagerhöhe einhergehende Verringerung des Lagerdrucks. In den letzten Jahren ist ein wieder steigendes Interesse an zwangsbelüfteten Kistenlagerungssystemen zu beobachten, da nur so, im Gegensatz zur Raumbelüftung, eine schnelle und gezielte Abtrocknung der erntefrischen Kartoffeln zu gewährleisten ist. Favorisiert werden gegenwärtig Systeme für offene Großkisten mit einer Zwangsdruck- oder -saugbelüftung. Bei größeren Stapellängen zeigen sich hier aber ungleichmäßige Luftverteilungen, denen z. B. durch technische Leiteinrichtungen im Druckkanal begegnet werden kann.

Für die Steuerung der Ventilatoren und Klappen in den Lagerhäusern stehen Lüftungsprozessoren zur Verfügung, deren Nutzerfreundlichkeit in den letzten Jahren durch eine Visualisierung der Daten und Prozesse sowie die Touch-Screen-Bedienung merklich verbessert wurde. Eine sinnvolle Ergänzung dazu ist die Verbindung der Prozessoren mit PC-, Tablet- und Smartphoneanwendungen. Für eine Einhaltung der in den Lagerphasen optimalen Temperaturbereiche kommen zunehmend auch maschinelle Kühlungen zum Einsatz, die sich problemlos in vorhandene Belüftungssteuerungen integrieren lassen. Der damit verbundene Anstieg der Energiekosten soll durch spezielle Auswahlprogramme der Lüftungsprozessoren begrenzt werden, die einen möglichst effektiven Abgleich der Klimatisierungsansprüche der Kartoffeln mit den jeweils günstigsten Stromquellen anstreben.

Der Umfang und die Intensität der betrieblichen Aufbereitung der Kartoffeln hängen sehr stark von der Vermarktungsrichtung ab, wobei eine nochmalige Enterdung und eine Größenkalibrierung der ausgelagerten Kartoffeln auf den meisten Betrieben zu finden sind. Die eingesetzte Sortiertechnik reicht von einfachen Profilwalzen für die Abtrennung von Untergrößen bei Verarbeitungskartoffeln bis hin zu exakten Siebsortierern in der Pflanzkartoffelproduktion. Ein Ersatz des manuellen Verlesens der eventuell gebürsteten Lagerware steht ganz oben auf der Wunschliste vieler kartoffelbauender Betriebe, während sich die technische Umsetzung durch opto-elektronische Verleseautomaten noch immer im Erprobungsstadium befindet. In den gewerblichen Aufbereitungsbetrieben ist das maschinelle Verlesen von gewaschenen Kartoffeln dagegen heute weitestgehend Standard und Verlesepersonen werden nur noch zur Nachkontrolle eingesetzt.

Der Trend zu kleineren Gebindegrößen schreitet auch in der Direktvermarktung von Speisekartoffeln weiter fort und zieht zumindest auf größeren Betrieben den Übergang zu mehrteiligen Rinnenwaagen und der Nutzung von Verschließautomaten nach sich. Der größeren Leistung und Wiegegenauigkeit steht in solchen Maschinen jedoch ein zunehmendes Beschädigungspotential durch die höheren Bandgeschwindigkeiten sowie die vermehrten Umlenkungen des Gutstromes gegenüber. Bei größeren Gebinden setzten sich aus arbeitswirtschaftlichen Gründen auch in den landwirtschaftlichen Betrieben die Palettierer und Wickelgeräte immer mehr durch.

Bestellung und Pflege

Die Basis für einen erfolgreichen Kartoffelanbau wird im Frühjahr bei der Bestellung gelegt. Entsprechend hoch sind in Abhängigkeit von der Verwertungsrichtung die Ansprüche an eine gleichmäßige Legetiefe sowie einen exakten Legeabstand in der Reihe. Über den hydraulischen Antrieb der Legeorgane eröffnet sich zudem die grundsätzliche Möglichkeit zur Nutzung von historischen Felddaten für die Variation des Legeabstandes in Abhängigkeit von der Bodengüte oder dem Ertragsniveau. Das Smart Farming steht im Kartoffelbau aber noch am Anfang seiner Entwicklung, da Entscheidungsalgorithmen in vielen Teilbereichen erst erarbeitet werden und eine praxistaugliche Ertragskartierung zur Erfolgskontrolle der Maßnahmen bisher aussteht.

Zum Legen des Pflanzgutes werden vorwiegend vierreihige Maschinen eingesetzt. Neben den dominierenden Anbaulegemaschinen gewinnen die gezogenen Ausführungen weiter an Bedeutung. Sie bieten durch ihr eigenes Fahrwerk einfache Möglichkeiten, zusätzliche Baugruppen, wie Reihendüngerstreuer, Flüssigbeizfässer oder Bodenbearbeitungsgeräte, in die Maschine zu integrieren. Bei den angebauten Ausführungen wird die Hubkraft des Traktors hier schnell zum begrenzenden Faktor, so dass zumindest für die Kombination von Bodenbearbeitung und Legen spezielle Baureihen mit sehr kompakten, kurz bauenden Maschinen angeboten werden. Für die weiteren Aufgaben kann dann der Frontanbauraum des Traktors genutzt werden.

Sechs- und achtreihige Legemaschinen konnten sich bisher kaum im deutschen Markt durchsetzen. Ein wesentlicher Hinderungsgrund ist dabei der Straßentransport solcher Maschinen, da diese zumeist auch zu tief sind, um bei einem Längstransport die maximal zulässigen Maße einzuhalten. Bei den Maschinen mit einklappbaren äußeren Legeeinheiten wird die Straßentransportbreite zwar eingehalten, aber schon die Kombination mit einem Reihendüngerstreuer ist technisch sehr aufwendig. Zudem ist das Fassungsvermögen des zentralen Pflanzgutbehälters häufig begrenzt, so dass das wiederholte Nachfüllen von Pflanzkartoffeln einer deutlich höheren Flächenleistung entgegensteht. Technische Lösungen mit einem Zugfahrzeug, das auch den zentralen Pflanzgutbehälter aufnimmt und von dort die Legeeinheiten versorgt, sind bisher nur in Einzelfällen realisiert worden.

Durch die heute auf vielen Betrieben praktizierte Kombination von Legen und Enddammaufbau in einem Arbeitsgang hat sich der Markt für Pflegegeräte deutlich eingeschränkt. Reihenfräsen sind jedoch auf schwereren Standorten häufig noch als Solomaschinen im Einsatz, da die pflanzenbaulichen Risiken des direkten Enddammaufbaus hier deutlich zunehmen. Insbesondere stärkere Niederschläge kurz nach dem Legen können zu stark verkrusteten Dämmen führen, die das Auflaufen und weitere Wachstum der Pflanzen nachhaltig beeinträchtigen. In ökologischen Landbau ist der stufenweise Dammaufbau dagegen weiterhin Standard und wird mit zusätzlichen Pflegegängen zur Unkrautbekämpfung kombiniert. Dabei werden neben speziellen Kartoffelpflegegeräten auch technische Lösungen aus anderen Kulturen, wie Rollhacke oder Striegel, zur Unkrautbekämpfung genutzt.

Quelle: DLG