26. September 2015, 16:02
Dr. Klaus Spohrer, Universität Stuttgart-Hohenheim
Der „Klimawandel findet auch in Deutschland statt“ (Barbara Hendricks) und lässt sich „nicht mehr aufhalten“ (Maria Krautzberger). Mit diesen deutlichen Worten unterstreichen die Bundesumweltministerin und die Präsidentin des Umweltbundesamtes die diesjährige Situation in der Landwirtschaft. Die Getreideernte war durch Trockenheit und Wassermangel geprägt und fiel mit ca. 11% geringer als im Vorjahr aus. Darüber hinaus werden voraussichtlich auch die Mais- und Zuckerrübenernten im Herbst geringer ausfallen, und auch bei Sonderkulturen wie Wein ist mit Ertragseinbußen zu rechnen.
Die Zunahme der Sommertrockenheit in Deutschland geht mit einem verstärkten Bewässerungsbedarf und geringeren verfügbaren Wasserreserven einher. Dieser Situation mit angepassten Lösungen zu begegnen, ist eine zentrale Herausforderung für die Bewässerungsbranche, die auf der Agritechnica 2015 mit über 40 nationalen und internationalen Ausstellern vertreten ist.
Bewässerungsflächen werden größer
Im Gegensatz zu Gegenden mit ausgeprägten Trockenzeiten muss in Deutschland vielerorts nicht durchgängig bewässert werden. Ziel ist vielmehr die Überbrückung von Trockenphasen durch gezielte Bewässerung. Bei der Bewässerung unterscheidet die Statistik zwischen Flächen mit der Möglichkeit zur Bewässerung und Flächen, die tatsächlich bewässert werden. Deren Anteil wechselt zum Teil stark im Jahresvergleich je nach Dauer und Intensität der Trockenphasen. Im Jahr 2012 wurden 365.000 ha (bzw. 52%) der 690.000 ha potenziell möglichen Fläche bewässert. Für 2015 liegen noch keine Statistiken vor – der bewässerte Anteil wird aber deutlich höher liegen. Da Klimaprognosen längere und deutlich ausgeprägtere Trockenphasen voraussagen, was sich bereits in der Zunahme der Anzahl heißer Tage mit Temperatur > 30°C widerspiegelt, werden mittelfristig auch die Flächen mit Möglichkeit zur Bewässerung zunehmen.
Tropfbewässerung und Beregnung
Da bei zunehmender Trockenheit und steigendem Bewässerungsbedarf die verfügbaren Wasserreserven abnehmen, muss oberstes Ziel aller Anstrengungen eine effiziente Bewässerung sein. Die Tropfbewässerung gilt als effizientestes Bewässerungsverfahren. Allerdings blieb ihre Anwendung bisher fast ausschließlich auf Sonderkulturen beschränkt. Die im Vergleich mit herkömmlichen Beregnungsverfahren höheren Kosten sowie die Installations- und nötigen Unterhaltungsarbeiten haben bisher eine größere Verbreitung verhindert.
Der Trend geht in Richtung Beregnung mit Beregnungsmaschinen oder Großanlagen (z.B. Kreisberegnungsanlagen). Bei den Beregnungsmaschinen ist eine Zunahme der Maschinengröße zu verzeichnen, wodurch längere und breitere Bewässerungsstreifen realisierbar sind. Kreisberegnungsanlagen kommen im Gegensatz zu Beregnungsmaschinen auf größeren Flächen zum Einsatz. Hier ist zu beobachten, dass sich die Mindestflächengröße bei der Entscheidungsfindung verkleinert hat. Während diese noch vor wenigen Jahren bei ca. 30 ha lag, werden heutzutage bereits auf Flächen ab 20 ha Kreisberegnungsanlagen errichtet. Hauptgrund für diese Entwicklung sind die dadurch möglichen geringeren Energie- und Arbeitskosten.
Bewässerungsplanung – Bodenfeuchtesensoren werden immer besser
Über eine an Pflanze oder Bodenfeuchte orientierte Bewässerungsplanung kann Wasser optimal genutzt und eine Überbewässerung mit Wasserverlusten vermieden werden. Dabei werden die meistens von kleinen und mittleren Unternehmen angebotenen Lösungen immer besser.
Bei der Bodenfeuchteerfassung sind dielektrische Sensoren Stand der Technik. Die qualitativen Unterschiede zwischen den verschiedenen Sensoren auf dem Markt haben sich deutlich verkleinert, so dass selbst mit den günstigsten Sensoren für knapp über 100 € eine gute und für die Bewässerungsplanung deutlich ausreichende Messwertgenauigkeit erzielt werden kann.
Gegenstand vieler aktueller Forschungsvorhaben sind Pflanzensensoren, die den Bewässerungsbedarf an der Pflanze selbst messen. Die methodischen Ansätze sind vielfältig und reichen von der Infrarotthermographie, über die Wassergehaltsmessung in oder an bestimmten Pflanzenteilen sowie der Chlorophyllfluoreszenz bis hin zur Messung des Zelldrucks im Blatt (Turgor). Ein entsprechender Sensor ist auf dem Markt, seine grundsätzliche Eignung zur Bewässerungsplanung aber noch nicht belegt.
Bewässerungssteuerung – in der Praxis immer anwendungsfreundlicher
Die Anfänge der automatischen Bewässerungssteuerung bildeten Zeitsteuerungen, bei denen in wählbaren Zeitintervallen eine Bewässerung für eine vorher gewählte Zeitdauer durchgeführt wird. Eine relativ neue Weiterentwicklung sind Systeme, bei denen die Bewässerung zusätzlich über mobile Lösungen (Smartphone oder Tablet) gesteuert werden kann und in Deutschland bereits von Herstellern und Händlern von Bewässerungstechnik angeboten werden. Eine Verbesserung dieser App-basierten Steuerungen wird durch eine sinnvolle Integration der Bewässerungsplanung erzielt. So werden z.B. Kombinationen mit Bodenfeuchtesensoren oder auch Wetterstationen angeboten, wodurch die Bewässerung optimiert und das Wasser effizienter genutzt wird. Dies wird durch eine in der Bewässerungssteuerung implementierte Messwertbewertung erreicht, wobei oft Schwellenwerte gesetzt werden. Bei Unterschreiten dieser Schwellenwerte werden Bewässerungsempfehlungen gegeben oder auch die Bewässerung automatisch gestartet. Die Bewässerungssteuerung in der täglichen Praxis wird so immer einfacher und anwendungsfreundlicher.
Gesamtsysteme – alles in einer Hand
Als Trend sind Gesamtsysteme zu beobachten, die mehrere Bewässerungskomponenten sinnvoll und logisch kombinieren und durch eine einfache und für den Anwender intuitiv zu bedienende Zentraleinheit kontrolliert und gesteuert werden.
ICA-WIRELESS (Pessl Instruments GmbH) orientiert sich an dieser Zielsetzung. Durch Kooperation mit zwei weiteren Firmen konnten Einzellösungen, für die bisher separate Steuereinheiten benötigt wurden, zu einem funktionalen Gesamtsystem zusammengefügt werden. Besonders vorteilhaft für den Nutzer sind der herstellerübergreifende Ansatz und die App-Bedienung über eine mobile Lösung. Das ICA-WIRELESS ist kompatibel mit allen Beregnungsanlagen (z.B. Kreisberegnungsanlagen, Beregnungsmaschinen) oder auch Tropfbewässerungsanlagen. Bewässerungsempfehlungen werden auf Grundlage von Bodenfeuchte- und Wettermessungen sowie einer Wettervorhersage gegeben und können automatisch oder manuell in der App umgesetzt werden. Eine Echtzeit-Systemüberwachung versendet bei Fehlfunktionen Warnungen per SMS. Besonders nutzerfreundlich ist auch die Dokumentation aller durchgeführten Bewässerungsmaßnahmen in einer Schlagkartei.
Forschung und Entwicklung wird nach wie vor unterstützt
Der Erfolg eines Unternehmens liegt in innovativen Entwicklungen, wie sie auf der Agritechnica 2015 für alle Bereiche der Landtechnik vorgestellt werden. In Deutschland sind in der Bewässerungsbranche insbesondere kleine und mittlere Unternehmen zu Hause. Das BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung), das BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) oder z.B. auch das BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) bieten zur Unterstützung dieser Unternehmen schon seit vielen Jahren erfolgreich Fördermaßnahmen an, um innovative Ideen, auch in enger Zusammenarbeit mit öffentlichen Forschungseinrichtungen, im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten zielgerichtet realisieren zu können. Neue Lösungen um z.B. der zunehmenden Sommertrockenheit besser begegnen zu können, wird man dabei sicher erwarten dürfen.
Quelle: DLG