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Wenn alle an einem Strang ziehen

Wie das Unternehmen Schwinger seine Effizienz in der Gewinnung, Aufbereitung und Verladung steigert

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NITTENAU (SR). Wie lässt sich ein Gewinnungsbetrieb auf maximale Effizienz trimmen? Welche Stellschrauben sind entscheidend und wie lassen sich diese beeinflussen? Vor diesen Fragen stand Dr. Kristian Daub von der Geschäftsleitung der Firma Karl Schwinger GmbH & Co. KG aus Nittenau bei Regensburg. Er wollte wissen, wo noch freie Einsparpotenziale in der Produktion von Diorit und Granit zu heben sind.

Im Rahmen seiner Masterarbeit für sein MBA-Studium an der Hochschule Regensburg, das er parallel zu seiner Arbeit absolvierte, um betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu vertiefen, wertete er verschiedene Parameter aus. Hieraus leitete Dr. Daub dann vier betriebliche Kennzahlen aus der Gewinnung, Aufbereitung, Tonnage und dem Maschineneinsatz in Prozentwerten ab. Aus diesen wird ein prozentualer Mittelwert gebildet, der anzeigt, ob die Produktivität im Plan liegt und wo sie über das anvisierte Ziel hinausschießt.

Eine Quelle für Livedaten, die der Betrieb dabei nutzt, ist unter anderem das Cat Flottenmanagementsystem Product Link.  „Uns ging es darum, dass wir alle Mitarbeiter, ob Fahrer und Mitarbeiter am Vorbrecher, an der Waage, in der Verladung sowie in der Werkstatt, am Ergebnis beteiligen und den Teamgeist sowie die Wertschätzung fördern. Jeder sieht nun genau, welchen Anteil sein Beitrag am Gesamtergebnis hat. Unser neues System zur Effizienzermittlung stärkt das Bewusstsein untereinander sowie für die eigene Arbeit“, erklärt Dr. Daub.

Für das Personal bedeutet es, dass alle Mitarbeiter nun an einem Strang ziehen und ihren Arbeitseinsatz besser einschätzen können. Die Belegschaft bekommt auch eine Gegenleistung dafür: Das Unternehmen honoriert ihren Einsatz einmal in der Woche und lädt das ganze Team zu einem Essen ein, sofern der durchschnittlich ermittelte Wert dem des Vorjahres entspricht.

2010 machte sich Dr. Daub an die Arbeit, Schritt für Schritt Daten zu sammeln, zu analysieren und auszuwerten. „Man fängt einfach an und es kommt immer mehr dazu“, berichtet er. Dr. Daub unterteilte die betriebswirtschaftlichen Abläufe in die Gewinnung von Hartgestein, in seine Aufbereitung mithilfe von Vorbruch und Veredelung sowie in das Lager inklusive der Verladung. Der gewonnene Granit und Diorit wird mithilfe von stationären und mobilen Anlagen aufbereitet. Der Abbau der obersten Schicht im Steinbruch wird für die Produktion von Frostschutzmaterial genutzt. Die unteren Schichten werden für Edelsplitte, Gleisschotter und Wasserbausteine verwendet. 

Erste Kennzahl aus der Gewinnung 

In der Gewinnung arbeiten ein Cat Hochlöffelbagger 385C FS (5,2 Kubikmeter HD-Felsklappschaufel) und ein Cat Muldenkipper 775F (67,8 Tonnen Nutzlast) zusammen, die im Schnitt eine Stundenleistung von 350 Tonnen erzielen. Die Aufbereitung erreicht durchschnittlich 250 Tonnen je Stunde. Um diese Differenz auszugleichen, setzt Dr. Daub auf ein Puffersilo im Vorbrecher, dessen Vorräte während der Betriebszeit von 16 Stunden aufgebraucht werden sollen. „Unser Ziel ist, dass wir bis 19 Uhr, drei Stunden vor Schichtende, die komplette Tagestonnage mit den beiden Baumaschinen einfahren und bis dahin im Puffersilo einen Füllstand von hundert Prozent erreichen. Wir haben eine Nachlaufzeit von drei Stunden vorgegeben, in denen dann das Material aus dem Puffersilo entnommen wird.“ Der Füllstand im Puffersilo wird per SMS an die Handys der Bediener der Baumaschinen und des Vorbrechers gemeldet, so dass sie jederzeit wissen, ob sie das Ziel bis 19 Uhr erreichen. Vorher wurden die Baumaschinen 16 Stunden am Stück bewegt. Nun wird alles daran gesetzt, den Maschineneinsatz zu reduzieren sowie die Abbaustrategie zu optimieren. Denn so lassen sich die Kosten je Tonne Material deutlich nach unten fahren und die Wirtschaftlichkeit entsprechend erhöhen. Das betrifft nicht nur den Kraftstoffverbrauch, sondern auch die Personalkosten.

Den ersten Mittelwert, der abgeleitet wurde und der sich aus der Gewinnung ergibt, lag 2010 bei 65, 2011 bei 80 und 2012 bei 84 Prozent. Damit wurde bis zuletzt eine sehr gute Steigerung erreicht. Stellt das Team fest, dass die bis 19 Uhr einzufahrende Produktionsmenge nicht erreicht werden kann, setzt der Betrieb entweder einen weiteren Muldenkipper ein oder der Bagger wechselt das Haufwerk. „Bei einer Störung bis 15 Uhr können wir die nötige Leistung noch aufholen“, weiß Dr. Daub. Den größten Einfluss auf die Abbauleistung hat der Baggerfahrer, der geschickt mit dem Hochlöffel agiert, um die Mulde bestmöglich auszuladen. Was auch sehr entscheidend ist, ist das Haufwerk, insbesondere die Sprengqualität des gewonnenen Granits und Diorits. Bleiben nach der Sprengung große Steine übrig, so muss der Bagger eine tonnenschwere Stahlkugel zum Zerkleinern einsetzen (knäppern), bevor er mit dem Verladen beginnen kann – und das hält auf. Denn zu große Gesteinsbrocken passen nicht in den Brecher und führen zu Störungen. Schwinger hat ab 2011 auf elektronische Sprenganlagen umgestellt. „Durch das simulierte Sprengen am PC erzielen wir wesentlich homogenere Ergebnisse hinsichtlich der Stückigkeit des Haufwerks, was sich bei der Beladung positiv auswirkt und wir so leichter unser Ziel erreichen“, erläutert Dr. Daub. Doch nicht nur die Sprengung hat einen Einfluss, sondern auch die Transportwege, deren Länge und insbesondere ihre Beschaffenheit. Deswegen hat Schwinger  das Know-how der Zeppelin Projekt- und Einsatztechnik genutzt, um die Steigungen innerhalb des Steinbruchs anzupassen. „Uwe Wieduwilt hat unsere Fahrer geschult und ihnen den Tipp gegeben, immer im zweiten Gang die Steigungen zu fahren“, berichtet Dr. Daub. Das zahlt sich inzwischen aus. 

Zweite Kennzahl aus der Aufbereitung 

Die zweite Kennzahl ermittelte Dr. Daub in der Aufbereitung zwischen 6 bis 22 Uhr. Sie resultiert aus dem Anteil der reinen Brechzeit an der Schichtzeit. 2010 wurden 93, 2011 rund 94 und 2012 ebenfalls rund 94 Prozent erreicht. „Die Anlagen sind zuverlässig, weil sie regelmäßig gewartet werden. Instandsetzungen finden außerhalb der Betriebszeit statt. Produktionstechnische Störungen, wie ein defekter Keilriemen, werden schnell behoben“, berichtet Dr. Daub. Das Team der Werkstatt ist daher auch in den gesamten Effizienzprozess involviert und muss für einen Dauerbetrieb sorgen, damit das gewonnene Material schnell im Puffersilo landet und veredelt werden kann. Alle Störungen werden aufgezeichnet und im Tagesverlauf angezeigt. Störungen über fünf Minuten werden aufaddiert. Diese Störungszeiten werden dann von der Schichtzeit abgezogen. 

Dritte Kennzahl aus der Tonnage 

Als dritter Wert fließt die tägliche Tonnage ein und wird der anvisierten Tagesproduktion von 5 000 Tonnen gegenübergestellt. Denn der gesamte Prozess ist auf die Kosten je Tonne ausgerichtet. Reduziert sich die Tonnage-Leistung, hat das unmittelbare Auswirkungen auf die Kosten je Tonne. Dem Unternehmen war es immer wichtig, die durch die mobile Aufbereitung erzielte Tonnage mit einzubeziehen, um auch die Mitarbeiter aus diesem Produktionsprozess mit einzubinden. Vor- und Nachbrecher auf mobilen Raupenfahrwerken bewegen sich überwiegend auf der obersten Sohle des Vorkommens. 2012 wurde ein Wert von 81 Prozent erzielt, der als weitere Kennzahl zum prozentualen Mittelwert addiert wird.

Vierte Kennzahl von den Maschinen

Als weitere Größe werden die Cat Maschinendaten, die über die Telematikbox Product Link generiert und auf der Internetoberfläche Vision Link angezeigt werden, mit in die Auswertung einbezogen. Die prozentuale Nettoauslastung der Maschinen und die Betriebsstunden werden gegenübergestellt. 2012 wurden 74 Prozent erreicht, die als vierte Kennzahl dem prozentualen Mittelwerk hinzugefügt wird.

Konkret geht es um einen Cat Hochlöffelbagger 385C FS, einen Cat Kettenbagger 345D und Cat Umschlagbagger M322D und einen Cat Muldenkipper 775F sowie um die beiden Cat Radlader 972H und 972K, deren Daten täglich von einem Mitarbeiter abgefragt werden. „Vision Link hat uns aufgezeigt, wie viel Spielraum es bei uns gibt, die Maschinen noch besser einzusetzen. Wir können nun genau das Verhältnis zwischen Last- und Leerlaufanteil feststellen und erfassen, wie effizient die Geräte tatsächlich arbeiten“, führt Dr. Daub aus. Leerlauf definiert den Zustand, in der eine Baumaschine keine Arbeit verrichtet und der Dieselmotor sowie der Betriebsstundenzähler weiterlaufen. Lastbetrieb bedeutet, dass die Motordrehzahl über 1 150 Umdrehungen pro Minute liegt. Der Leerlauf sollte so gering wie möglich ausfallen, um nicht unnötig Kraftstoff zu verbrauchen und durch den weiterlaufenden Betriebsstundenzähler einen zu frühen Servicetermin zu verursachen. Ein weiterer Aspekt: Wenn der Betriebsstundenzähler weiter läuft, dann wirkt sich das auch negativ auf den Wiederverkauf der Maschine aus. Denn die Käufer schauen auf die Nutzungsdauer.

„Das sind alles Kosten, die zu vermeiden sind und auf die wir einwirken können, indem die Fahrer ab einer Leerlaufzeit von fünf Minuten den Motor abstellen“, ist Dr. Daub sicher. „Des Weiteren wird die Produktivität erhöht indem die Betriebsabläufe beschleunigt werden.“ Der durchschnittliche Leerlaufanteil bei 3 500 Cat Baumaschinen in Deutschland lag 2012 bei 32,6 Prozent oder 67,4 Prozent Effizienz. Es ist ein Irrglauben, dass Baumaschinen ununterbrochen Arbeit verrichten, sobald ihr Zündschlüssel umgedreht wird.

„Dass Leerlaufperioden während des normalen Arbeitsprozesses stattfinden, ist völlig normal, etwa wenn bei uns der Hochlöffelbagger den Muldenkipper belädt und dieser warten muss, bis er voll ausgeladen ist. Nicht normal sind jedoch Leerlaufzeiten, die regelmäßig über fünf Minuten liegen“, betont Dr. Daub. Die einfachste Methode, um den Leerlauf zu messen, ist die Motordrehzahl heranzuziehen. Eine weitere Methode, die Caterpillar für sich schnell bewegende Fahrzeuge, wie Muldenkipper, Dumper und Radlader (Load-and-Carry), eingeführt hat, ist die tatsächliche GPS-Bewegung des Fahrzeuges zu nutzen. Sie lässt wiederum Rückschlüsse zu, warum Maschinen längere Leerlaufzeiten haben, die man bei näherer Betrachtung reduzieren kann.

Ob sich Baumaschinen im Leerlauf befinden, zeigt das Flottenmanagement am PC-Bildschirm im Büro an. Daraus ergab sich für den Cat Hochlöffelbagger 385C FS im Jahr 2011 rund 88, 2012 rund 89 und 2013 bereits 91 Prozent an Auslastung. „Damit bewegen wir uns auf einem recht hohen Niveau. Die Maschine ist fast ohne Unterbrechung am Arbeiten. Entweder belädt sie den Muldenkipper oder sie bereitet das Haufwerk für die Beladung vor“, interpretiert Dr. Daub die Zahlen. Im Fall des Cat Muldenkippers lag die Nettoauslastung 2011 bei 33 und 2012 bei 44 Prozent. Das ist eine Steigerung um ein Drittel. 2013 wurden 47 Prozent erreicht. Die Werte sind für solche Maschinen im Gewinnungseinsatz typisch. „Der Muldenkipper leistet seine Arbeit. Entscheidend ist, wie die Mulde ausgeladen ist und wie es gelingt, möglichst viel Tonnage zum Brecher zu befördern“, weist Dr. Daub auf weitere Möglichkeiten hin, den Anteil zu steigern. Mitte Juni wurde die Cat 775F gegen eine neue 775G getauscht und die alte Maschine soll bei Engpässen zur Verfügung stehen. Ein Cat Kettenbagger 345C bedient den mobilen Brecher in der Aufbereitung und wird für andere Tätigkeiten eingesetzt, falls erforderlich. Seine Werte beliefen sich 2011 auf 85, 2012 auf 85 und 2013 auf 88 Prozent. Ein Cat Umschlagbagger M322D verlädt Wasserbausteine. Mit ihm wurden 2011 bei 83, 2012 bei 82 und 2013 ganze 86 Prozent erreicht.

„Es scheint hier noch Potenzial zu geben, auch wenn wir mit beiden Maschinen sehr zufrieden sind“, so Dr. Daub. Interessant wird es bei den beiden Cat Radlader 972H und 972K. Während die Maschine der H-Serie 2011 einen prozentualen Wert von 61, 2012 von 55 und 2013 von 59 Prozent erreicht hat, brachte es das Gerät der K-Serie 2012 auf 82 und 2013 auf 89 Prozent.

An der Interpretation arbeitet Dr. Daub noch. Der Cat 972K wird seit seinem Einsatz 2012 praktisch immer genutzt – dafür wird seitdem der Cat 972H als Stand-by-Gerät nur noch sporadisch eingesetzt. Das wäre eine mögliche Erklärung für die verschiedenen Werte. Eine weitere Erklärung ist: Die Radlader der K-Serie verfügen über eine automatische Motorabschaltung „Die technische Neuerung könnte sich bereits auf die Auslastung positive auswirken. Sobald das Gerät steht, schaltet sich der Motor automatisch ab“, lautet die Antwort von Dr. Daub. Doch warum die Unterschiede so groß ausfallen und ob das wirklich nur an der automatischen Abschaltung liegt, darauf will er sich noch nicht endgültig festlegen.

Seit Beginn der Auswertungen im Jahr 2010 konnten jährlich rund 15 Prozent der Maschinenstunden bei gleicher Leistung eingespart werden, womit erhebliche Einsparungen verbunden sind. Sein Ziel: Bei der einen oder anderen Maschine noch ein paar Prozent herauszuholen. Was ihn interessiert, sind langfristige Trends. Aus der Gewinnung, Aufbereitung, Tonnage und dem Maschineneinsatz hat er für das Unternehmen einen Mittelwert von 85 Prozent generiert, der ihm als Maßstab dient, die Effizienz zu erfassen. In Summe wirkt sich die Datenanalyse auf das Verhalten der Mitarbeiter positiv aus. „Ihnen wird ihr eigenes Verhalten stärker bewusst und das Kostenbewusstsein setzt sich immer mehr in den Köpfen fest. Die Mitarbeiter sind sensibilisiert und unterbreiten selbst Vorschläge, was wir noch verbessern können. Was will man als Betriebsleiter eigentlich mehr?“, das ist für Dr. Daub keine Frage mehr, sondern ein entscheidender Nebeneffekt für seinen Betrieb, der ihm hilft, auf effizienten Beinen zu stehen. „In diesem Jahr wurde ein ähnliches System für unseren Fuhrpark eingeführt, damit auch jeder Lkw-Fahrer zu unserer Wertschöpfung aktiv beitragen kann und unsere Wirtschaftlichkeit sichern kann“ so Dr. Daub abschließend.

Quelle: Foto: Caterpillar/Zeppelin