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Future Farming – ein Netz mit Lücken

Hubertus Paetow

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Vizepräsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Vorsitzender des Testzentrums Landwirtschaft der DLG, Landwirt in Finkenthal, Mecklenburg-Vorpommern

Statement zum VDI-Pressegespräch „Future Farming – unterwegs auf dem digitalen Feld“ im Rahmen der 73. Internationalen Tagung LAND.TECHNIK-AgEng

Das Thema Digitalisierung ist in allen Bereichen des Lebens präsent. Im Zeitalter des Internets der Dinge erfasst die Vernetzung auch Bereiche, die bisher noch nicht Bestandteil der digitalen Welt waren und eröffnet dadurch neue Möglichkeiten, Abläufe im privaten wie auch im industriellen Bereich zu automatisieren.

Welche Chancen und welcher Handlungsbedarf ergeben sich daraus für den Landwirt?

Schon seit längerer Zeit nutzt die Landtechnik die rechnergestützte Steuerung und Überwachung von Einzelsystemen, erweitert um die Funktionen, die das Positionsbestimmungssystem (GPS) bietet. Dazu gehören Lenksysteme, automatische Teilbreitenschaltungen und teilflächenspezifische Verfahren zur Betriebsmittelausbringung. Diese Systeme sind inzwischen in vielen Betrieben im Einsatz. Sie verbessern die Effizienz durch Vermeidung von Doppelbearbeitungen, ermöglichen planbare Fahrwege und den bedarfsgerechteren Einsatz von Betriebsmitteln.

Es stehen auch Verfahren zur Verfügung, die die einzelnen Teile einer Prozesskette vernetzen. So können zum Beispiel Ernte- und Abfuhreinheiten einer Hächselkette über ein System so miteinander verbunden werden, dass die Fahrwege minimiert werden und somit die Effizienz des gesamten Prozesses steigt.

Diese Verfahren setzen allerdings eine ständige Verbindung aller beteiligten Einheiten, entweder direkt per Leitung oder über Mobilfunk, voraus. Die Kommunikation zwischen Maschinen muss außerdem standardisiert erfolgen, da diese Maschinen gewöhnlich von unterschiedlichen Herstellern kommen. Diese Voraussetzungen sind allerdings noch nicht überall vollständig gegeben, so dass diese Verfahren noch nicht in großer Zahl Anwendung finden.

Zumindest in Europa sind auf einem Betrieb fast immer Maschinen unterschiedlicher Hersteller im Einsatz. Die Notwendigkeit der Kommunikations- und Datenstandardisierung steht deshalb ganz oben auf der Agenda zur Weiterentwicklung der digitalen Verfahren. Ohne Schnittstellen, die einen Austausch von Daten unterschiedlichster Quellen und Anwendungen ermöglichen, wird die weitere Vernetzung nicht funktionieren.

Großes Potential bietet die Digitalisierung im Bereich des Betriebsmanagements. Die immer großflächiger und auch diversifizierter wirtschaftenden Betriebe benötigen andere Werkzeuge für Planung und Kontrolle als dies für einen überschaubaren Bauernhof der Fall ist. Auch der Umfang der Informationen, die für betriebliche Entscheidungen betrachtet werden müssen, nimmt stetig zu. Damit der Betriebsleiter diese Abläufe handhaben kann, braucht es Plattformen, die die Informationen und Dienste zusammenfassen und verbinden. Die Entwicklung dieser Plattformen steht erst am Anfang, auch wenn es bereits eine größere Anzahl von Anbietern, vor allem aus dem Bereich der großen Maschinenhersteller, gibt.

Auch der physische Datentransport über Mobilfunknetze ist eine Grundvoraussetzung für diese Systeme und ist bei Weitem noch nicht überall mit der nötigen Zuverlässigkeit verfügbar. Hier könnten in Zukunft auch Kommunikationssatelliten eine Rolle spielen, zumindest als Ergänzung für Mobilfunk.

Aber auch die Frage nach Wert und Sicherheit der betrieblichen Daten ist Gegenstand von Diskussionen. Im Bereich der privaten Nutzung können wir sehen, dass Daten zunehmend auch einen Wert haben, der demjenigen, der sie zur Verfügung stellt, auch entgolten wird – entweder monetär oder durch Dienste, die im Gegenzug bereitgestellt werden.

Ein Landwirt, der in Zukunft seine Daten auf einem Portal verarbeitet, wird sehr genau darauf achten müssen, wer Zugriff auf seine Daten haben könnte und was dieser dafür im Gegenzug zu leisten bereit ist.

Was wir aber aus anderen Bereichen der Wirtschaft und vor allem der privaten Nutzung lernen können, ist, dass der Nutzen der Digitalisierung und Vernetzung so groß sein kann, dass er die Risiken und Bedenken bei Weitem überwiegt.

Als Landwirt ist es für mich sicher nicht nötig, auf jeden neuen Trend gleich aufzuspringen. Aber ich werde mir die neuen Verfahren auf der Agritechnica genau ansehen. Die versprochenen Erleichterungen insbesondere im Betriebsmanagement erscheinen mir nämlich sehr verlockend.

Quelle: VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V.