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Trends bei der Saat- und Bestelltechnik

Prof. Dr. Hans W. Griepentrog, Universität Hohenheim

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„Wie die Saat so die Ernte“ gilt zwar grundsätzlich auch heute noch, es sind jedoch die Risiken, die während der Vegetationszeit auftreten können, gestiegen. Als Grund muss, wie auch für andere wetterabhängige Branchen, der Klimawandel genannt werden. Hier haben sich nicht unbedingt die jährlichen Mittelwerte verändert, sondern das Problem scheint eine veränderte zeitliche und räumliche Verteilung zu sein: Es bleibt häufiger wochenlang trocken und extreme Niederschlagsmengen fallen nur in sehr kleinen Regionen. Als Folge daraus muss für den Ackerbau mehr auf die Boden- bzw. Saatbettbereitung eingegangen werden, wie auch auf die präzise Kornablage und den intensiven Bodenschluss.

Alte Kulturtechniken scheinen eine Renaissance zu erleben, von vielfältigeren Fruchtfolgen bis zu verbessertem Humusaufbau und begleitkrautregulierenden mechanischen Techniken. Die Rückbesinnung auf biologisch traditionelle Verfahren fällt durch die vielfältig verfügbare Technik, die flexibel auf sehr unterschiedliche Zielsetzungen angepasst werden kann, heute leichter. Neu dabei ist prinzipiell, dass die Technik sich der Natur anpasst und nicht wie bisher umgekehrt. Die Herausforderung besteht heute in der Kombination von traditionellen mit konservierenden Verfahren, da unsere traditionellen Erfahrungen häufig auf der wendenden Bodenbearbeitung basieren. Mittlerweile haben wir allerdings eigene Erfahrungen mit konservierender Technik der letzten Jahrzehnte für unsere vielfältigen Regionen und spezifischen Bedingungen gewinnen können.

Verbesserte Sensorik und elektrische Antriebe und die damit einhergehende Elektronik haben die Komplexität der Maschinen erheblich erhöht, was quasi als Folge auch neue digitale Bedienkonzepte erfordert, um das Maschinenpotenzial nutzbar zu machen und den Bediener in seinen Zielen zu unterstützen. Die Anforderungen an die Saattechnik sind allgemein gestiegen: Veränderliche Reihenweiten, Kornvereinzelung bei Getreide, gleichzeitige Düngereinarbeitung, Körnerzählsensoren und die Integrierbarkeit ins Schlepper- und Informationssystem sind dabei nur einige Schlagworte.

Die aktuellsten Ziele sind heute sicherlich die Konservierung der Bodenfeuchte, die Verbesserung der Nährstoffverfügbarkeit aber auch die vereinfachte Bedienbarkeit über digital-elektronische Hilfen. Dazu gibt die Technik viele aktuelle neue Möglichkeiten.

Bestelltechnik

Die Geräte der Bestelltechnik haben an Komplexität insgesamt zugenommen: Modularer mechanischer Aufbau mit hoher Austauschbarkeit der Komponenten und elektrische Verstellmöglichkeiten mit elektronischer Anbindung und Bedienerunterstützung. Für die wichtigen Komponenten wie Planieren, Lockern, Krümeln, Rückverdichten, Bodenöffnung, Kornablage, Bedecken und Zustreichen hat sich eine Modularität als Vorteil erwiesen. Diese besteht darin, dass beispielsweise Geräte der Bodenbearbeitung ausgetauscht und somit den Bedingungen und Zielen angepasst werden können bei sonst gleichbleibenden übrigen Komponenten der Bestelltechnik.

Ziel der Bodenvorbereitung ist zunehmend, die Bodenfeuchte zu konservieren. Hier helfen die bekannten Verfahren zur nicht-wendenden oder konservierenden Bearbeitung. Als neue Möglichkeit kommt heute hinzu, dass auch durch eine gleichmäßigere Pflanzenverteilung über der Fläche, die früher den Boden beschattet, positive Effekte auf die Bodenfeuchte erreicht werden. Hinzu kommt dadurch außerdem eine bessere Unkrautunterdrückung durch die Kulturpflanzen.

Sätechnik und Düngung

Nicht nur das Saatgut, sondern auch der mineralische Dünger werden zunehmend direkt in den Boden eingebracht und zwar gleichzeitig mit der Aussaat. Die Bereitstellung von Nährstoffen für Kulturpflanzen auch mit zeitverzögernder Wirkung erfolgt nach wie vor über den Boden. Wenn der Dünger bereits im Boden ist, muss nicht auf Niederschlag gewartet werden, um diesen pflanzenverfügbar zu machen. Eine ausreichende Bodenfeuchte muss natürlich auch dann vorhanden sein. Die räumliche Platzierung des Düngers erfolgt dabei flexibel und kulturabhängig in der Tiefe (vertikal) als auch in der Querrichtung (lateral) bezogen auf den individuellen Standort der Kulturpflanze und dessen Wurzelsystem. Neue Systeme bieten darüber hinaus eine Synchronisierung einer diskontinuierlichen Förderung des Düngers (Portionierung) in Längsrichtung, die mit der Sämaschine und dessen Kornablage in Längsrichtung abgestimmt wird. Dadurch werden die Nährstoffe für die Kulturen durch räumliche Konzentration einfacher zugänglich und die Dosiermengen können insgesamt pro Bestand sogar reduziert werden.

Gleichmäßige Flächenverteilung

Eine bedeutende Möglichkeit der indirekten Einflussnahme auf höhere Erträge ist eine gleichmäßigere Flächenverteilung von Saatgut. Dabei ist das Ziel, gleiche Ressourcen wie Wasser, Nährstoffe, Licht und Raum jeder Einzelpflanze zur Verfügung zu stellen. Es werden zusätzlich auch positive Effekte auf den chemischen Pflanzenschutz ermöglicht, da durch eine bessere Durchlüftung der lichteren Bestände der Krankheitsdruck sinkt und durch eine frühere und bessere Bodenbeschattung Unkräuter unterdrückt und die Bodenfeuchte konserviert werden.

Um die Flächenverteilung von Saatgut und Bestand in der Gleichmäßigkeit zu beeinflussen, kann durch eine Änderung der Reihenweite und Wahl des Dosierverfahrens (Drill- oder EKS-Saat) für eine bestimmte Bestandesdichte erfolgen. Untersuchungen mit heutiger Saattechnik haben ergeben, dass Bestände von Getreide und Mais die schlechtesten Flächenverteilungen ergeben und dass Raps und Rüben eine vergleichsweise hohe Gleichmäßigkeit aufweisen.

Für Kulturpflanzen mit wenig räumlichem Kompensationsvermögen (geringe Plastizität) wie Mais und Rüben ist die Standflächenverteilung von großer Bedeutung. Hier sind die Längsverteilung mit Einzelkornsaat (EKS) jedoch kaum zu verbessern, so dass nur die Reihenweite als mögliche Verbesserung bleibt. Bei Rüben ist die Reihenweite relativ gut an die Bestandesdichte angepasst, dem gegenüber bestehen Potenziale bei Mais die Reihenweite zu verringern, da bei der üblich ähnlichen Bestandesdichte wie bei Rüben die Reihenweite sehr viel größer ist.

Bei Getreide ist zwar eine geringe Reihenweite gegeben, allerdings lässt die ungleichmäßige Längsverteilung als Stand der Technik bei der Drillsaat sehr zu wünschen übrig. Sie ist der Grund für sehr unregelmäßige Standflächen. Bei Raps ist wie bei Getreide die Reihenweite sehr gering. Es ist hier allerdings ebenfalls die Längsverteilung aufgrund der Drillsaat mangelhaft. Da bei Raps die Bestandesdichten wesentlich niedriger sind als bei Getreide, ergeben sich aber allein daraus bessere Flächenverteilungen bei sonst gleicher Technik wie bei Getreide. Absolut gesehen erreicht die Rübe mit EKS-Technik und relativ geringer Reihenweite bezogen auf die Bestandesdichte die beste Flächenverteilung.

Einige Landmaschinenhersteller bieten in den letzten Jahren Lösungen genau zu diesen Problemen an: Verbesserte Längsverteilung bei Getreide und engere Reihenweiten bei Futtermais.

Sensorik

Wünschenswert bei der Aussaat, aber nach wie vor ungelöst, sind präzise Echtzeitinformationen zu Ablagetiefe, Bedeckungshöhe und Bodendichte der Rückverfestigung. Eine kontinuierliche Messung im Boden mit innovativer Sensortechnik wird von einigen Herstellern angeboten wie beispielsweise zur Bestimmung von Temperatur, Feuchte, pH-Wert und Anteil an organischer Substanz. Diese Sensoren werden in die Sägerätesteuerung eingebunden und können somit die Arbeitsqualität verbessern indem sie sich wechselnden Bedingungen automatisch anpassen können. Beispielsweise kann die Steuerung der Ablagetiefe nach Echtzeitinformation über die sich innerhalb eines Schlages verändernde Bodenfeuchte mit entsprechender Sensorik erfolgen.

Bedienkonzepte und IT-Integration

Viele Hersteller bieten heute nicht nur die Steuerung und Bedienung der Sätechnik über die ISO-Schnittstelle an, sondern als Ergänzung auch sogenannte App-Anwendungen, die frei verfügbar sind und auf einem mobilen digitalen Endgerät installiert werden. Diese ergänzenden Bedienhilfen können sehr zu einer besseren Steuerung der Arbeitsqualität der Sätechnik beitragen, da diese Endgeräte mit gewohnt intuitiven Bedienoberflächen arbeiten und so in der Lage sind, die hohe Komplexität der Struktur und Möglichkeiten von modernen Maschinen darzustellen. Darüber hinaus wird dabei häufig auch die immer wichtiger werdende Dokumentation durch die Anbindung an Informationsplattformen des Internets über Mobilfunk möglich. Das heißt, es wird eine automatisierte Datenerfassung von ausgeführten Arbeiten auf dem Feld möglich, die ebenfalls automatisiert in eine elektronische Ackerschlagkartei übertragen werden. Das können beispielsweise die bestellte Fläche, die Prozesszeiten, die Fahrgassendaten der automatischen Lenkung und die eingesetzten Betriebsmittelmengen sein. Diese können dann für wichtige gesetzliche Dokumentationspflichten vereinfachend genutzt werden und bilden dann erste wesentliche Schritte in die Richtung einer digitalisierten Landwirtschaft.

Quelle: DLG e.V.